Porträt einer jungen Frau in Flammen – Wenn Liebe auf Leinwand gebannt wird
Bereits der Filmtitel lässt erahnen worauf man sich bei Céline Sciammas neuen Werk einlässt. Einerseits steht Porträt einer jungen Frau in Flammen für die Charakterstudie. Eine künstlerisches Abbild einer jungen Frau, die in der Blütezeit ihres Lebens steht und vom Publikum mit Hilfe des Regisseurs untersucht wird. Ihre Seele oder besser ihr tiefstes Inneres wird dabei auf Leinwand gebannt. Andererseits haben wir eine junge Frau vor uns, die in Flammen steht, von Innen heraus, denn die Liebe hat völlig neue Gefühle in ihr entfacht und zeigt ihr, wie unberechenbar das Leben sein kann – ähnlich einem Feuer. Kommen wir nun zu Porträt einer jungen Frau in Flammen
Eine abgelegene Insel in der Bretagne. Welches Jahr es ist, können wir nur anhand der wunderschönen Kleider und Kostüme erahnen. Vermutlich spätes 18. Jahrhundert, kurz bevor die Epoche der Romantik ihre Flammen um alles ringen konnte. Marianne (Noémie Marchant) ist Malerin aus Paris und wird von einer verwitweten Gräfin (Valeria Golino) beauftragt, ein Porträt anzufertigen: ein Hochzeitsporträt ihrer Tochter Héloïse (Adèle Haenel), um so den letzten Schritt, die offizielle Verkündung der arrangierten Ehe gehen zu können. Ein schwieriges Unterfangen, da Héloïse sich weigert und gegen die Hochzeit rebelliert. Somit bleibt als einzige Möglichkeit, das Porträt heimlich anzufertigen. Sie beobachtet Héloïse während ihrer ausgedehnten Spaziergänge an der Meeresküste und lernt ihr Modell immer weiter kennen. Jede Strähne, jedes noch so versteckte Lächeln und ihre mysteriösen Augen, und je tiefer sich Marianne in Héloïse verliert, desto näher kommen sie sich…
Die Frau als Objekt der Gesellschaft
Porträt einer jungen Frau in Flammen – der liebende Blick einer Frau zu einer anderen. Romantisch, verstrickt und dazu unsagbar schön. Céline Sciamma inszeniert die Rolle der Frau neu und zeigt auf, wie schwer und auch unterschiedlich ein Leben sein kann. Hinzugezogen hat sie sich dafür Marianna, eine Pariser Malerin, die die Nachfolge ihres erfolgreichen Vaters angetreten ist. Einzig, dass sie eine Frau ist, steht ihr im Weg. Als Frau dürfe sie nämlich keine Männer malen, einzig im Verborgenen dürfe sie wie sie sagt, großer Kunst nachgehen und -eifern. So bleiben ihr trotz eines ausgesprochen großen Talents nur Porträts weiblicher Modelle: ein gesellschaftlicher Zwang, welcher Marianne zurückhält das zu tun, was ihre Leidenschaft und letztlich auch ihre Berufung ist. Héloïse, die junge Tochter eine Gräfin, gebunden an Gesellschaftszwänge, soll einen Mann heiraten, den sie nie zuvor gesehen hat, in eine Stadt ziehen, in der sie vorher nie gewesen ist und ein Leben führen, das sie nicht führen möchte. Beide Frauen sind eingeengt vom unumstößlichen Frauenbild der damaligen Zeit.
So problematisch, wie sich das Leben der beiden uns offenbart, so problematisch gestaltet sich auch ihr Aufeinandertreffen. Aus geteilten Ängsten entwickeln sich Gefühle für- und zueinander. Mit Liebe, Mitgefühl und Wut aufgeladene Blicke treffen sich immer wieder und entfachen ein minutenlanges Feuerwerk an Emotionen. Momente, die von ihrer Schwere und Langsamkeit leben. Momente, die sich im Kino wie eine Ewigkeit und im nächsten Moment wie ein Wimpernschlag anfühlen. Momente, die durch eine Art zwischenmenschlicher Magie im Gedächtnis bleiben und durch malerische Bilder und Kamerafahrten einen prägenden Eindruck hinterlassen. Momente, für die Kino gemacht ist.
Porträt einer jungen Frau in Flammen – lebt den unaussprechlichen Wunsch nach einem anderen Leben. Melancholisch, vereinnahmend und wunderschön.
Céline Sciamma
Romance, Drama, History
Noémie Merlant, Adèle Haenel, Luàna Bajrami, Valeria Golino
Producers: Bénédicte Couvreur, Véronique Cayla. Writer: Céline Sciamma. Editor: Julien Lacheray. Camera: Claire Mathon. Production Design: Thomas Grézaud. Music: Jean-Baptiste de Laubier, Arthur Simonini. Costumes: Dorothée Guiraud.
Bong Joon-Ho – ein Regisseur, dessen Filme geprägt sind von facettenreichen Charakterstudien und geschickt verschleierter Gesellschaftskritik. Mit Parasite trifft Bong Joon-Ho wieder einmal den Zeitgeist und wird mehr als verdient als erster südkoreanischer Film mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet. Hier geht es zu unserer Kritik zu Parasite
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