Kleiner Mann ganz groß

Nach dem spektakulären “Avengers: Infinity War“ kommt mit „Ant-Man and the Wasp“ nun wieder einer etwas weniger bombastischer Superheldenfilm in die Kinos. Und genau das macht ihn, wie schon seinen Vorgänger, so charmant.

Die Handlung setzt fast zwei Jahre nach „Captain America: Civil War“ und kurz vor dem dritten „Avengers“-Teil ein. Scott Lang (Paul Rudd) muss nach der der Aktion in Berlin erstmal eine längere Strafe in Form von Hausarrest absitzen und darf seine Wohnung nicht verlassen. Zu seinem Mentor Hank Pym (Michael Douglas) und seiner neuen Flamme Hope van Dyne (Evangeline Lilly) ist ihm der Kontakt untersagt – die beiden sind seit den Ereignissen um Captain America und den Avengers auf der Flucht. Doch als Lang eines Tages einen merkwürdigen Traum hat, in dem ihn die totgeglaubte Mutter von Hope und Ehefrau von Hank erscheint, nimmt er Kontakt zu den beiden auf. Und so beginnt ein Abenteuer mit Menschen, die durch Wände gehen können und übergroßen PEZ-Spendern. Schon „Ant-Man“ von 2015 musste man mit einem Augenzwinkern schauen. Ein Mann, der sich auf Ameisengröße schrumpfen kann und zusammen mit seinen Insektenfreunden Verbrechen bekämpft? Hört sich immer wieder unglaublich lächerlich an – aber Marvel hat es wie schon bei den „Guardians of the Galaxy“ geschafft, selbst den absurdesten Charakteren eine Prise Charme, Glaubwürdigkeit und Rechtfertigung zu verpassen – ohne dabei neben Superhelden wie Iron Man, Captain America oder Hulk unterzugehen. Genau genommen sind sowohl Ant-Man als auch die Guardians eine willkommene, wenn auch schräge Abwechslung zum sonst so machohaften Comicfilm-Alltag. So ist auch „Ant-Man and the Wasp“ ein lustiger und vergleichsweise kleiner Film. Scottt Lang rettet als Ant-Man nicht die Welt, sondern versucht sein Leben als Vater einer kleinen Tochter zu meistern, nicht zu viel Mist anzustellen und seinen Freunden zu helfen. Somit ist er, obwohl er sich schrumpfen kann, noch einer der „normalsten“ Helden des MCU. Klar, der Streifen erfindet das Rad jetzt nicht neu, aber dennoch ist er wirklich unterhaltsam, kurzweilig und hat ein paar der besten Gags der letzten Jahre. Für die lustigsten Szenen zeigt sich wie schon im Vorgänger Michael Peña, der Scotts Chaos-Kumpel Luis spielt, verantwortlich. Er ist wirklich der geheime Star des Films. Aber auch die Action-Sequenzen sind wie gewohnt spektakulär gut gemacht. Noch nie gab es bessere Verfolgungsjagden zwischen einem normalgroßem PKW und einem Spielzeugauto. Mit Wasp hat sich nicht nur Evangeline Lillys Figur sehr gut und glaubhaft weiterentwickelt, sondern mit ihr gibt nun auch weitere Verstärkung für die völlig unterbesetzte und vernachlässigte Superheldinnen-Fraktion. Zudem verteilt sie Arschtritte, dass einem das Sehen vergeht – Stichwort: Salzstreuer. So sind die Kampfszenen, in denen sie zusammen mit Lang den bösen Buben eins auf die Nase gibt, noch besser als im ersten Teil. Natürlich hat „Ant-Man and the Wasp“ auch ein paar Schwächen. So gibt es etwas zu viele Handlungsstränge, die entweder ins Nichts laufen oder alles nur komplizierter machen. Man hätte sich auch zwischen den beiden Gegenspielern Ghost (Hannah John-Kamen) und Sonny Birch (Walton Goggins) entscheiden müssen. Denn beide Charaktere sind sehr unterentwickelt und bleiben dem Zuschauer kaum in Erinnerung. So scheitert leider auch der Versuch, der Figur von Ghost mit einer tragischen Hintergrundgeschichte mehr Tiefe zu verleihen. Umso schlimmer, dass darunter andere Handlungsstränge leiden müssen und viel zu kurz kommen. Aber über diese kleinen Unebenheiten helfen eine Menge lustiger und actiongeladener Momente gekonnt hinweg. Und zudem findet man am Ende nicht nur heraus, wo Ant-Man war, als Thanos die Hälfte unserer Lieblingshelden wegschnippste, sondern auch, dass Ameisen echt gut Schlagzeug spielen können. Da bleibt einem eigentlich nicht mehr übrig, als sich auf den nächsten Auftritt vom Ameisen-Mann zu freuen. Von Martin Arnold

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