Eine Nonne, ein Mexikaner und ein Franzose kommen in ein Kloster …
Man möchte meinen, dass es sich dabei um einen schlechten Witz handelt. Aber tatsächlich geht es hierbei um den neuen Film aus dem “Conjuring”-Franchise mit dem griffigen Titel “The Nun”. Als nunmehr fünfter Teil der Reihe versucht er im Fahrwasser seiner erfolgreichen Vorgänger zu schwimmen – geht dabei aber leider trotz seines großen Potentials gehörig baden.
Rumänien 1952: In einem abgelegenen Kloster im transsilvanischen Teil des Landes begeht eine Nonne unter mysteriösen Umständen Selbstmord. Der Vatikan schickt daher den erfahrenen Exorzisten Pater Burke (Demián Bichir) und die junge Novizin Irene (Taissa Farmiga) los, um das Rätsel zu lüften. Vor Ort erfahren sie vom charismatischen Lebemann Frenchie (Jonas Bloquet), dass das Kloster angeblich von einer uralten, bösen Macht heimgesucht wird. Trotz der zahlreichen Warnungen macht sich das ungleiche Trio auf einen Weg, der ihren Glauben in seinen Grundfesten erschüttern wird.
Gute Horror-Filme sind in der heutigen Zeit rar gesät. Dennoch erscheinen alle paar Jahre einige Ausnahmen, wie zuletzt die beiden “Conjuring”-Filme von Regisseur James Wan. Ähnlich wie in den Zeiten von “Alien”, “Shining” und “Der Weiße Hai” verstanden es die zwei Streifen, sich weniger auf Jump-Scares und gruselige Monster zu konzentrieren, als eine beklemmende und oft sogar verstörende Atmosphäre zu schaffen. Mit den Spin-Offs “Annabelle” und “Annabelle 2” versuchte man, an den Erfolg anzuknüpfen. Geldtechnisch gelang dies auch zweifellos, doch die Qualität litt gewaltig. Viel zu sehr legten die Macher dieser Werke ihren Fokus auf plumpe Schreckmomente, unheimliche Musik vom Fließband und entstellte Dämonen. Und leider ist auch “The Nun” nur ein weiteres Produkt dieser uninspirierten Charge. War es in “Annabelle” noch eine gespenstische Puppe, die brave Bürger um den Verstand brachte, so ist es im aktuellen Machwerk nun ein Dämon in Gestalt einer Nonne, der ein von Nebel umschlossenes Kloster und seine Bewohner heimsucht. Beide “Figuren” erschienen schon in den “Conjuring”-Filmen – was genau das Problem ist.
Guter Horror entwickelt sich daraus, dass man nicht weiß, womit man es zu tun hat. Klar, will und muss man das Ungetüm irgendwann sehen, gegen das man kämpft. Es aber schon von Anfang an zu kennen und zu wissen, wie es aussieht, nimmt der ganzen Sache seine Substanz. Schnelle Schatten, mysteriöse Geräusche, eine beklemmende Atmospäre und subtil gestreute Schockmomente – das macht wahren Horror aus. Und das kann “The Nun” leider nicht liefern und verspielt dabei ein ordentliches Potential.
So hat der Film eigentlich eine Menge positiver Punkte. Das Setting in Draculas Heimat Transsilvanien, ein unheimliches Kloster, eine dämonische Präsenz: Alles Dinge, die einen guten Horror-Film ausmachen. Auch technisch ist alles einwandfrei. Weite, sauber geführte Kamerfahrten, das dunkle Color-Grading und gut eingesetzter Nebel geben dem Film streckenweise eine unglaublich schaurige Atmosphäre. Doch das war es auch schon an positiven Aspekten.
Denn der Plot an sich hat so viele Logiklöcher wie eine alte, von Motten zerfressene Socke, die Charaktere bleiben erschreckend kühl und unnahbar und das Drehbuch ist viel zu gehetzt. Der Film lässt sich keinerlei Zeit, seine Figuren richtig einzuführen oder eine Atmosphäre zu schaffen. Lieber springt er von einem billigen Jump-Scare zum nächsten – und das so inflationär, dass man diese teilweise schon Minuten vorher erahnt. Vielmehr muss man einigen Stellen fast schon loslachen, wenn immer wieder die gleiche Kameradrehung verwendet wird. Apropos Humor – so sympathisch der Charakter von Frenchie aus sein mag, so nervig und unpassend wirken seine eingestreuten One-Liner an den meisten Stellen. So hat man phasenweise das Gefühl, man schaue sich gerade eher eine Komödie als einen Horror-Film an.
All das ist sehr schade, denn der Film beherbergt jede Menge Potential. Aber gegen diese plumpe Effekthascherei und die faule Drehbuchschreibe kommen auch so ausgezeichnete Schauspieler wie Demián Bichir und der talentierte Kameramann Maxime Alexandre nicht an. So findet man zu keinem Zeitpunkt einen wirklichen Zugang zur Handlung des Films und seinen Charakteren, weshalb das meiste von seinem Grusel flöten geht – und man somit als Zuschauer enttäuscht zurückgelassen wird.
Von Martin Arnold
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