Warum es so gut wie keine neuen Weihnachtsklassiker mehr gibt…
Der Weihnachtsfilm ist tot! Mit dieser These mag man vielleicht dem ein oder anderen vor den Kopf stoßen, jedoch kann man diese zumindest im Kinojahr 2018 mit Fakten belegen.
Gibt man bei Google als Suchbegriff „Weihnachtsfilme 2018“ ein, erscheinen nicht, wie man eventuell vermuten könnte, die neuen Wohlfühl-Winter-Märchenfilme die zurzeit in den deutschen Lichtspielhäusern anlaufen, sondern lediglich die Fernsehsendezeiten von Klassikern wie Der kleine Lord, Drei Haselnüsse für Aschenbrödel und natürlich auch der vor allem zwischen Männlein und Weiblein hart umstrittene Stirb langsam.
Schaut man sich die Filmrelease-Liste für November und Dezember diesen Jahres an fällt auf, dass es tatsächlich nur ein einziger Weihnachtsfilm auf die Leinwände gebracht hat – Der Grinch. Und selbst der ist nun wirklich kein Produkt von Innovation oder der Versuch einen Filmklassiker zu entwerfen, der in 20 Jahren an Heiligabend um 14:35 Uhr im NDR läuft, sondern schlicht das Aufwärmen einer alten Marke die es immerhin sage und schreibe 18 Jahre lang nicht mehr ins Kino geschafft hat.
Doch warum ist das so? Liegt es daran, dass Weihnachtstraditionen für viele Leute nicht mehr allzu wichtig sind? Hat es mit der Kommerzialisierung des Weihnachtsgeschäfts zu tun? Oder sind Filme die man nur einmal ins Kino bringen kann und anschließend auf gute DVD-Verkäufe hoffen muss für die Studios nicht lukrativ genug?
Die Antwort ist wahrscheinlich eine Mischung aus allen drei Gründen, dies tut hier jedoch nichts zur Sache. Die Weihnachtszeit mag nicht für jeden gemacht sein, für mich und wahrscheinlich für viele andere auch, ist sie jedoch vor allem eins: eine Zeit der Ruhe und Besinnlichkeit. Will man es ein bisschen gemeiner ausdrücken, könnte man auch von Stillstand sprechen. Und Stillstand ist hier genau das richtige Wort.
Die heutige Kinolandschaft besticht durch immer epochalere Bilder und Erzählweisen. Zeiten in denen ein großes Finale ausreichte um die Zuschauer vom Sessel zu hauen, sind lange vorbei. Der Zuschauer will über mindestens 120 Minuten Explosionen und erzählerische Wendungen in Dauerschlaufe erleben. Mit Marvels und DC’ Comicuniversen müssen gar sämtliche Filme zusammenhängen um die Epik dieser Machwerke noch größer, noch umfangreicher zu machen.
Die Weihnachtszeit steht da im krassen Kontrast: die Leute wollen zum Ende des Jahres das Erlebte Revue passieren und einfach mal die Seele baumeln lassen. Da ist das nächste Special-Effect-Gewitter nicht der richtige Begleiter. Entsprechend ziehen sich die Leute gern in ihnen bekannte Geschichten und Bilder zurück. Es geht doch nichts über eine pastellgezeichnete Tanzszene zwischen Libuse Safrànkovà und Pavel Trávnicek.
Gerade durch die Digitalisierung und die damit einhergehenden Nachteile der ständigen Erreichbarkeit durch Smartphones und einem 24/7 abrufbaren Film- und Serien-Repertoire steht die Weihnachtszeit – auch aus filmischer Sicht – für das genaue Gegenteil. Ist es Zufall, dass Netflix noch keinen vernünftigen, geschweige denn genießbaren Weihnachtsfilm herausgebracht hat, wo ihnen ansonsten doch so gut wie alles gelingt? Ich denke nicht.
Manchmal braucht es eben weder etwas Neues, Größeres oder Besseres, sondern einfach nur das Schwelgen in Vergangenheit, schöne Abende mit der Familie und eben das x-te Anschauen des immergleichen Weihnachsstreifens; ohne nachdenken zu müssen, die Sorgen für einen Moment zu vergessen und ohne sich Gedanken über eine Fortsetzung, ein Spin-off oder ein Prequel machen zu müssen – Stillstand eben.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und viel Spaß mit Filmen, die eben einfach dazugehören!
Von Nils Hain
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