Maria Stuart, Königin der Soap-Opera?

Wem The Favourite zu seltsam, zu verrückt oder zu abstoßend war (unsere Kritik zu The Favourite gibt es hier), der könnte mit Maria Stuart, Königin von Schottland seinen Historienfilm für diesen Monat gefunden haben.

Die titelgebende Maria Stuart kehrt 1561 nach Schottland zurück um ihren rechtmäßigen Platz auf dem Thron einzunehmen, doch zu englischem Hofe geht es nicht viel anders zu als bei Yorgos Lanthimos’ Werk. Intrigen, Komplotte und Hinterhalte soweit das Auge reicht, denn Marias Cousine Elisabeth I. (Margot Robbie) hat zwischenzeitlich den Thron in Anspruch genommen und herrscht nun über England. Doch mit Marias Rückkehr, und ihrem von Geburt her rechtmäßigen Anspruch auf den Thron, ist Elisabeths Herrschaft in Gefahr und so entbrennt ein erbarmungsloser Machtkampf zwischen den beiden Königinnen und ihren Beratern. Dabei wird nicht nur zu Hofe mit Worten, sondern auch zu Pferd mit dem Schwert hart gekämpft.

Fulminant beginnt Maria Stuart, Königin von Schottland oder sollte man besser sagen endet er, denn Regisseurin Josie Rourke erlaubt es sich direkt mit dem Schlüsselereignis der Rivalität zwischen Königin Elisabeth I. und Maria Stuart zu beginnen: Der Enthauptung Maria Stuarts. Passend und ansonsten nicht weiter schlimm, da man als einigermaßen geschichtsaffiner Mensch bereits das ein oder andere über den Ausgang des Machtkampfes wissen kann.

Dennoch bleibt die Frage offen: Wie kam es dazu? Eingangs wurden bereits etliche Intrigen und Komplotte erwähnt, diese stammen aus der Feder von Drehbuchautor Beau Willimon, der hier die Biografie Queen Of Scots: The True Life Of Mary Stuart adaptiert. Es ist wichtig den Namen Beau Willimon zu erwähnen, da er bereits als Autor für die die Netflix Polit-Soap-Opera House of Cards zuständig. Man kann sich also auf ein zumindest ähnliches Niveau an Manipulation freuen.

 

Elisabeth I. (Margo Robbie) kämpft mit allen Mitteln um den Königsthron © FOCUS FEATURES LLC.

Leider geht ein Großteil der Spannung im ewigen Schnitt zwischen zwei Personen unter. Wie oft muss man sich noch Gesichter im Medium Close-Up, ein Bildausschnitt, der bis zur Brust geht, ansehen und den Charakteren bei trockener Exposition zuhören. Es wird spätestens nach 30-40 Minuten ermüdend und die Augen sehnen sich nach einem Wide Shot, der die Weite der schottischen Landschaft oder wenigstens das Set und die Kostüme voll wirken lässt. Exakt in diesen Momenten merkt man, dass Regisseurin Josie Rourke ursprünglich aus dem Theaterbereich stammt und doch mehr Wert auf Charaktere und deren Schauspiel legt.

Gerade was Charaktere und schauspielerische Leistung angeht, kann Maria Stuart Königin von Schottland nämlich punkten. Margot Robbies (I, Tonya, Suicide Squad) Rolle kommt dabei zwar etwas kürzer, dies tut ihrem starken Spiel aber keinen Abbruch, wirkt ihr Charakter doch sehr vielschichtig und zerbrechlich. Einen ebenso starken Counterpart stellt Hauptdarstellerin Saoirse Ronan (Lady Bird, Brooklyn) dar, verkörpert sie in ihrer Rolle als Maria Stuart die französische Lebenslust und eine gewisse Leichtigkeit, die dem derzeitigen königlichem Bild stark widersprechen.

Maria Stuart, Königin von Schottland führt sich auf wie die Königin von England, doch letztlich ist sie nur eine ihrer vielen Kammerzofen.

Regie: Josie Rourke

Genre: Biopic, Drama, Geschichte

Crew: Screenplay: Beau Willimon, based on the book “Queen of Scots: The True Life of Mary Stuart” by Dr. John Guy. Camera (color, widescreen): John Mathieson. Editor: Chris Dickens. Music: Max Richter

Cast: Saoirse Ronan, Margot Robbie, Jack Lowden, Joe Alwyn, David Tennant, Guy Pearce, Gemma Chan, Martin Compston, Ismael Cruz Cordova, Brendan Coyle, Ian Hart, Adrian Lester, James McArdle


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