Die Geschichte von Chapecoense
Es sollte einer der schönsten Tage ihres Lebens werden, es endete in einer Tragödie: Auf dem Weg zum Endspiel des südamerikanischen Elite-Turniers Copa Sudamericana, kam am 28.November 2016 fast die ganze Mannschaft des brasilianischen Fußballclubs Chapecoense bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Dieses Ereignis sorgte weltweit für Bestürzung und Clubs, Spieler und Fans aus der ganzen Welt nahmen an diesem Unglück Anteil. Insgesamt starben 71 Menschen bei dem Absturz.
Nun rollte das US-amerikanische Regie-Brüderpaar Jeff und Michael Zimbalist die Ereignisse von damals auf und erzählen die tragische Geschichte in ihrer Dokumentation Nossa Chepe – Unser Team. Dabei gehen sie der Frage nach, ob und wie ein Neuanfang nach solch einem Unglück möglich ist und begleiten die Protagonisten des Films in vielen intimen Momenten. Es geht um Trauerbewältigung, um Zuversicht und um die Erkenntnis, dass das Fußballgeschäft eben doch ein ganz hartes ist, und letztlich doch wieder der Profit im Vordergrund steht.
Schlag in die Magengrube
Die 100-minütige Dokumentation packt einen gleich von der ersten Sekunde an. Der Weg der Mannschaft ins Finale wird kurz abgehandelt, es folgen diverse Handyaufnahmen von ausgelassenen Spielern, die zeigen, wie die Mannschaft ins Flugzeug steigt, um zum kolumbianischen Final-Ort Medellin zu fliegen – nur wenige Stunden vor dem verheerenden Absturz. Aus dem Off sprechen die Witwen der Spieler und erzählen über die Momente, in denen sie von dem Unglück erfahren haben. Schon hier bekommt man als Zuschauer einen echten Schlag in die Magengrube versetzt.
Und auch in der Folge bleibt es emotional. Sechs Personen überlebten wie durch ein Wunder den Absturz, drei davon waren die Spieler Alan Ruschel, Jakson Follmann und Hélio Neto. Die Dokumentation beschäftigt sich sehr intensiv mit dem Schicksal des Trios und zeigt ihren Weg zurück ein geregeltes Leben. Dabei wird dem Zuschauer schnell klar, dass das Träume ein Leben lang bleiben wird. In den Interviews mit den Spielern fließen immer wieder Tränen.
Ein weiterer großer Faktor des Films ist der Versuch, die Mannschaft wieder neu zu beleben. Nicht nur Spieler, auch Trainer und ein Großteil des Vereinsvorstandes kamen bei Flug 2933 ums Leben. Trotzdem will sich der Verein zurück kämpfen – und steht damit vor einer fast unlösbaren Mammutaufgabe. Das Kamerateam begleitet hier Gespräche des Aufsichtsrats und zeigt die Zwickmühle, in der sich die Verantwortlichen befinden. Es muss irgendwie weitergehen – so muss es eben bei einem Wirtschaftsunternehmen, und effektiv ist ein Fußballverein nichts Anderes, sein.
Der Profit mit der Katastrophe
Beim Blick nach vorne scheint vor allem wichtig, das Geschehene hinter sich zu lassen. Kein Wunder also, dass die Zukunftsvision und die trauernden Familien, sowie die traumatisierten Überlebenden plötzlich gegeneinander arbeiten. Ruschel, Follmann und Neto sollen dem Verein weiter ein Gesicht geben und werden fortan sogar zu Marketingzwecken genutzt. Die Kamera ist sogar dabei, als Neto seinem Freund Follmann sagt: „Der Verein profitiert vom Tod der Spieler.“ Als Neto beiläufig erzählt, dass er keine psychologische Hilfe vom Verein bekommt, sondern sich privat jemanden suchen musste, wird dem Zuschauer erneut flau im Magen.
Von solchen Situationen gibt es in dieser außergewöhnlichen Dokumentation einige. Man trauert mit den Spielern, kann aber auch die andere Seite verstehen. Eine klare Unterteilung in „Gut“ und „Böse“ gibt es nicht, der Zuschauer ist mit vielen Situationen vermutlich genauso überfordert, wie die Protagonisten.
Fazit: Wahnsinn, wie nah die Zimbalist-Brüder an die Beteiligten rankommen und somit jedem Protagonisten genug Raum geben. Die Doku verzichtet auf jegliche Kommentare, lässt einfach nur die Anwesenden sprechen – dies sorgt in vielen Situationen für Stille und Nachdenklichkeit. Eine tolle Dokumentation – für jeden…
Nossa Chape läuft ab dem 28. März 2019 im Kino.
Von Florian Teichert
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