(K)ein Spaziergang durch die Anden

Der Cast vom neuen Netflix-Actionkracher Triple Frontier sorgte bei mir für eine unglaubliche Vorfreude. Oscar Isaac, Ben Affleck, Charlie Hunnam – alles Jungs, denen ich wirklich gerne zuschaue. Gepaart mit dem südamerikanischen Regenwald-Setting und einem spannenden Plot, begab ich mich so also genüsslich auf mein Sofa und ließ mich circa 120 Minuten berieseln. Und was soll ich sagen: Ich habe es nicht bereut. Endlich mal ein überdurchschnittlicher Action-Netflix-Film – ein weiterer Reinfall (wie Polar – lest hier unsere Kritik) hätte ich dem Streaminganbieter wohl nicht verziehen.

Dabei ist die Geschichte, die dieser Film umgibt, eigentlich für einen echten Reinfall prädestiniert. Eigentlich sollte der Film schon 2010 gedreht werden, im Regiestuhl hätte Erfolgsfreu Kathryn Bigelow sitzen sollen. Johnny Depp und Tom Hanks waren für den Cast angedacht – doch diese Konstellation kam nicht zusammen, das Projekt wurde auf Eis gelegt.

Und auch ein zweiter Versuch (diesmal mit Tom Hardy und Channing Tatum als Hauptdarsteller) verlief letztlich im Sand – das Projekt schien zum Scheitern verurteilt zu sein. Letztlich nahm sich dann Regisseur Jeffrey Chandor (A Most Violent Year) der Baustelle an – und lieferte tatsächlich mehr als ordentlich ab. Das Drehbuch hat Chandor dann gemeinsam mit Mark Boal, aus dessen Feder auch Zero Dark Thirty stammt, neu- und umgeschrieben.

Worum geht es? Santiago „Pope“ Garcia (Oscar Isaac) arbeitet als privater Militärberater in Kolumbien gegen Drogenkriminalität. Während seiner Zeit dort bittet ihn seine Informantin Yovanna (Adria Arjona), sie und ihren Bruder aus dem Land zu schmuggeln, um im Gegenzug Informationen über den Verbleib eines Drogenkönigs namens Lorea (Reynaldo Gallegos) zu erhalten. In den USA akquiriert Garcia dann seine alten Special Forces-Freunde Redfly (Ben Affleck), Ironhead (Charlie Hunnam), Catfish (Pedro Pascal) und Ben (Garrett Hedlund) und verspricht Ihnen das große Geld, sollten Sie sich dem Auftrag anschließen. Und so beginnt für das Quintett eine gefährliche Reise nach Südamerika.

Adria Arjona und Oscar Isaac © Netflix

Der Film überzeugte mich vor allem dadurch, dass keine 0-8-15-Actionsequenzen aus dem Lehrbuch abgehandelt wurden. Mit Einlagen solcher Art wurde in genau dem richtigen Maß umgegangen – außerdem entwickelt sich der Film in eine Richtung, die ich so nicht erwartet hätte. Die Geschichte um den südamerikanischen Drogendealer ist erstmal relativ schnell zu Ende erzählt, in erster Linie geht es im zweiten Part des Films um die beschwerliche Reise der Jungs durch die Anden. Dies ist nicht nur eine echte Wucht fürs Auge, sonder auch mitreißend authentisch erzählt.

Der Film stellt auch in den Momenten moralische Fragen, in denen die eigentlich gelernten Profi-Soldaten, plötzlich selbst verzweifelt und still-panisch sind und sich somit die Frage gefallen lassen müssen: Wieviel ist ein Menschenleben wert und haben wir uns mit dieser Mission vielleicht zu viel Mist eingebrockt?

Obwohl die Fünf teilweise echt schlechte Entscheidungen treffen, bleiben sie sympathisch. Man spürt die Männerfreundschaft der Gruppe, die wahrscheinlich schon einiges durchgemacht hat, in jedem Moment. Hier glänzt vor allem Oscar Isaac. Aber auch Charlie Hunnam und ganz besonders Ben Affleck wissen zu überzeugen. Besonders Affleck gönne ich diesen gelungenen Auftritt, seine Motive sind zu jedem Zeitpunkt klar, schauspielerisch zudem gewohnt stark.

Beim ersten Blick aufs Cover erwartet man vermutlich ein Rundumschlag des Actionkinos mit viel Kugelhagel und coolen Machosprüchen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Der Film hat viele ruhige Momente und überzeugt außerdem noch durch einen tollen Cast und einer wunderbaren Inszenierung inklusive tollen Bildern. Auch die Geschichte ist ordentlich und keineswegs abgehoben – ein Blick in den Film lohnt sich allemal.


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