Luz: Neuer Deutscher Horror

Der Film Luz sorgte im letzten Jahr auf den Filmfestivals dieser Welt für großes Aufsehen. Berlinale, Montreal, Buenos Aires, Sitges – der Film sammelte ordentlich Meilen auf seiner Reise über die Erdkugel. Angefangen hat das Ganze in der Kunsthochschule für Medien in Köln. Dort wurde der Streifen als Abschlussfilm erstellt. Für Regisseur Tilman Singer und Produzent Dario Acosta ebnete sich dadurch eine Entwicklung, die sie so nicht erahnen konnten.

Worum geht es eigentlich in dem 70-minütigen Werk? Tja, diese Frage ist leider nicht einfach zu beantworten. „Luz ist ein Sensuous Thriller, also ein Thriller, der mit der Sinneswahrnehmung des Zuschauers spielt“, sagt Singer selber über seinen Film. Und ich muss zustimmen: Meine Sinne wurden während des Films auf verschiedenste Art und Weise beansprucht – sowas habe ich bis dato kaum erlebt.

Dies fängt schon mal damit an, dass der Film ganz Old-school-mäßig auf 16 Millimeter gedreht wurde und dadurch einen Look bekommt, der sich vom Hochglanzkino deutlich abhebt. Durch die unscharfen und unsauberen Effekte, wird der Film gleich viel beengender und trägt einen großen Beitrag zum Gefühl der Beklemmung. Erweitert wird dieses unangenehme Gefühl durch die Akustik. Laute und schiefe Synthesizer-Klänge wirken fast schon surreal. Immer wieder musste ich beim Schauen an Werke von David Lynch denken. Der Zuschauer muss nicht nur die Augen offenhalten, sondern auch seine Ohren spitzen – erst dann ergibt alles einen Sinn.

Dämonische Züge

Der eigentliche Plot ist einfach erzählt: Luz, eine junge Taxifahrerin, schleppt sich blutend und verstört in eine heruntergekommenen Polizeidienststelle. Zeitgleich verwickelt die verführerische Nora den Polizeipsychotherapeuten Dr. Rossini in einer Bar ein Gespräch. Im Verlaufe des Abends erzählt Nora von der rebellischen Vergangenheit ihrer alten Schulkameradin Luz auf einer chilenischen Mädchenschule. Rossini wird plötzlich auf die Polizeistation gerufen und begegnet so der Frau, dessen Geschichte er gerade noch gehört hat. In einer Art Therapiesitzung wird nun die Vergangenheit von Luz aufgearbeitet – und nimmt dabei dämonische Züge an.

Was hat es mit den merkwürdigen Gestalten in Luz auf sich?

Die Jungs von Bildstörung haben sich dem nationalen Vertrieb des Studentenfilms angenommen – ein Blick in ihr Repertoire reicht aus, um zu verstehen, in welche Film-Richtung Luz geht: El Topo, Und erlöse uns nicht von dem Bösen oder auch The Eyes Of My Mother – alles Filme, die weit entfernt von typischen Sehgewohnheiten sind. Und auch deshalb ist Luz sicher nicht für jeden was. Lange Kameraeinstellungen, kryptische Dialoge, plötzliche Raum- und Zeitwechsel – wer auf eine leicht verständliche Geschichte hofft, wird gnadenlos enttäuscht.

Das Spiel mit den Hinweisen

David Lynch hat zur Entschlüsselung seines Meisterwerks Mulholland Drive eine Liste mit Hinweisen veröffentlicht. Auf dieser stehen dann solche Dinge wie „Beobachten Sie, wann und wo rote Lampenschirme eine Rolle spielen“ oder „Wo ist Tante Ruth?“. Solch eine Liste könnte auch für Luz hilfreich sein, während des Films hatte ich durchgehend das Bedürfnis, nach Hinweisen zu suchen – und meine auch, einige entdeckt zu haben. So wurde extra für den Film ein eigener lateinamerikanischer Limonaden-Werbespot gedreht – außerdem tauchen im Hintergrund manchmal Figuren auf, die komische Dinge tun. Der Film hat definitiv ein Rewatch verdient.

Letztlich ist es natürlich aber auch immer so, dass es oftmals gar nicht die Absicht der Filmemacher ist, das Werk komplett zu verstehen und entschlüsseln. Vielmehr geht es um die Inszenierung und das Gesamtwerk. Und auch hier weiß Luz durch seine Vielfältigkeit und seinen fast schon anti-ästhetischen Look zu überzeugen. Für alle Filmliebhaber: Gebt Luz eine Chance, lasst euch darauf ein – erwartet aber nicht zu viele Antworten.


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