After Passion: Erinnerung an früher

Der 13-jährige Flo war unausstehlich und wirklich furchtbar. Die typischen Pubertäts-Auswucherungen haben auch mich verfolgt. In diesem Alter ist das Thema „Liebe“ vielleicht so lebensbestimmend wie danach nicht mehr. Gehe ich heute eher entspannt mit Gefühlen um, bin ich damals durch die Liebeshölle gegangen. Mit meiner ersten Freundin habe ich per SMS Schluss gemacht, meine neue Angebetete wollte mich nicht und ich vergrub mich heulend in meiner Tom-und-Jerry-Bettwäsche. Achja, das waren noch Zeiten – irgendwie war es ja doch ganz schön. Als ich jetzt After Passion im Kino schaute, wurde ich mit einem Mal an mein früheres Ich zurückerinnert.

Denn auch die neue Teenie-Schmonze haut volle Lotte auf die Kitschtube und orientiert sich dabei an der gleichnamigen erfolgreichen Fan Fiction, die einst auf der Story-Plattform Wattpad erschien und so sensationell ankam, dass sie fünf (!) Romane nach sich zog. Fan Fictions sind übrigens Werke, die von Anhängern bestimmter Büchern oder Filmen, aber auch von Boybands, Fußballvereinen oder Videospielcharakteren geschrieben werden und ihre eigene kleine Geschichte erzählen. Die originale Fan Fiction, auf die After Passion basiert, handelt von der britischen Boyband One Direction.

In After Passion geht es um Tessa Young (Josephine Langford), die als engagierte Schülerin ihr erstes Universitäts-Jahr angeht. Doch wie das eben so ist: Neues Umfeld bedeutet auch neue Sichtweisen. Und so lernt Tessa durch ihre Mitbewohnerin Steph (Khadijha Red Thunder) den smarten und geheimnisvollen Hardin (Hiero Fiennes) kennen. Und obwohl Tessa in ihrer alten Heimat noch einen Freund hat, und auch ihre Mutter nicht sonderlich begeisert von ihrem neuen rebellischen Umfeld ist, wird sie immer mehr in den Bann ihres neuen Freundeskreises und allen voran von Hardin gezogen.

Hardin (Hero Fiennes) und Tessa (Josephine Langford) landen natürlich auch im Bett. © Constantin Film

Ich muss ja wirklich zugeben: Ich bin ein ziemlicher Fan vom ersten Fifty Shades Of Grey-Teil. (Shame on me, ich weiß!). Dementsprechend freute ich mich insgeheim auch auf After Passion und erwartete Leidenschaft und Sex. Hier aber schon der erste kleine Rückschlag: Warum der Film After Passion heißt, ist mir ein Geheimnis. Wer ein neues Fifty Shades Of Grey erwartet, wird enttäuscht sein. Letztlich handelt es sich bei der Geschichte um eine einfache Liebesgeschichte zweier Teens.

Sie hat einen Freund, ist lieb und brav und plötzlich steht der Böse Junge in ihrem Leben und verwirrt ihre Gefühle. Sie kann sich zwar erstmal von ihm abwenden, merkt dann aber, dass ihr aktuelles Leben vielleicht doch nicht so spannend ist, wie erhofft. Doch auch der Bad Boy bringt so seine Probleme mit sich und weiß einfach nicht was er will – naja, doch eine Sache weiß er: Er will ständig cool drein blicken und seine gefühlten 139 Tattoos in die Kamera halten. Aber hinter seiner harten Schale verbirgt sich ja doch noch ein weicher Kern.  Alles schon gesehen, alles schon verflucht.

Drama wo man hinschaut. © Constantin Film

Ich tu mich trotzdem extrem schwer damit ein Fazit zu ziehen. Viele meiner Kritiker-Kollegen sind sich einig: After Passion ist pure Grütze und zeigt ein „falsches Bild von Liebe“. Ich bin noch nicht ganz davon überzeugt. Natürlich stützt sich der Film auf Rollenklischees, zeigt den Jungen als Bad Boy und das Mädchen als verletztliche Porzellanfigur. Auf der anderen Seite soll es (auch aus eigener Erfahrung) solche Figuren doch auch in der realen Welt häufiger geben als gedacht. Man könnte jetzt eine Debatte über sexistische Rollenverteilung führen – dies lasse ich aber mal, damit würde ich mir keine Freunde machen. Ich finde die Rollenverteilung jedenfalls keinesfalls problematisch.

Nur so viel: Mein 13-Jähriges Ich hätte diesen Film geliebt. Ich entdeckte einfach tatsächlich vieles aus meiner damaligen Gedankenwelt wieder, all das Drama, all die Unwissenheit. Ich denke auch, dass der Film auch heute noch zahlreiche Vertreter zwischen 11 und 14 ins Kino locken wird. Das zeigen auch schon die ersten Zahlen der Ticketverkäufe. Sorry, liebe „Erwachsene“: Aber ich spreche mich hier tatsächlich mal für einen Film aus, der eine Daseinsberechtigung hat. Dem 13-Jährigen Flo hätte er gefallen. Und dem 30-jährigen Flo gefällt es peinlicherweise immer noch!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Archiv

Archive

Filme der Woche – 1917

JUDY

KNIVES OUT