Burning – Gesucht: Katze und Antworten
„Der beste Film, der jemals in Cannes gezeigt wurde!“ Bumm! Mit dieser Ansage startete vergangene Woche der Film Burning auch endlich in den deutschen Kinos. Und was soll man sagen: Der Film bleibt zumindest lange im Gedächtnis.
Wenn ein Film mit einer Laufzeit von 148 Minuten angegeben ist, bin ich eigentlich schon skeptisch. Das mag daran liegen, dass die eigene Aufmerksamkeitsspanne in den letzten Jahren durch Social Media und genereller Schnelllebigkeit einfach geschrumpft ist. Das kann aber auch daran liegen, dass ich mit solchen Film-Wuchten generell ein großes Problem habe. Es gibt nicht viele Filme die länger als 120 Minuten gehe, bei denen ich am Ende sage: Jo, passt! Die Länge ist genau richtig…
Oft findet man in solchen Filmen Sequenzen und Parts, die den ganzen Film einfach nur unnötig in die Länge ziehen und dafür sorgen, dass man irgendwann genervt auf seine Uhr schaut. Und jeder Kinogänger weiß: Ein Blick auf die Uhr ist fast schon ein Genickbruch für das Werk, das da vorne auf der Leinwand flimmert.
Und so war ich auf der einen Seite auch ein bisschen ängstlich, ob dem was mich mit dem neuen Film von Regisseur Lee Chang-dong denn da so erwartet. Wer sich mit dem Regisseur auseinandersetzt wird merken, dass es in seinen Filmen bis dato viel um die südkoreanische Identität geht, manchmal in Verbindung mit dem Gesetz und der Politik, jedoch immer runter gebrochen auf einzelne Schicksale mit ihrer ganz eigenen Geschichte.
Wo ist diese Katze?
Auch in Burning wird dieser Punkt – zumindest hintergründig – aufgegriffen. Dennoch ist dieser Aspekt glücklicherweise nicht das Hauptthema des Films. Aber worum geht es eigentlich? Jong-su (Yoo Ah-in), erfolgloser Schriftsteller ohne Werk und leicht trottelig wirkend, begegnet mitten in der Stadt zufällig seiner früheren Klassenkameradin Hae-mi (Jeon Jong-seo). Diese ist dem jungen Mann sehr aufgeschlossen und verführt ihn innerhalb kürzester Zeit.
Jong-su freundet sich in der Folge mit Hae-mi an, sie verbringen Zeit miteinander, dann bittet sie ihn, für die Zeit ihrer Reise nach Afrika auf ihre Katze aufzupassen. Immer wieder sucht Jong-su das winzige Appartement auf, füllt den Fressnapf, findet die Notdurft des Tiers in der Kiste mit Streu, bekommt die Katze aber nie zu Gesicht. Gibt es sie überhaupt? Spätestens hier fängt sich der Zuschauer dann ebenfalls an zu sagen: Also irgendwas stimmt da nicht!
Mysteriös und undurchschaubar
Und plötzlich entwickelt sich Burning zu einem mysteriös verschwommenen Film, der immer wieder Fragen aufwirft, dabei in seiner Erzählweise aber derartig trocken bleibt und deshalb viele nicht ohne Grund an den deutschen Erfolgshit der vergangenen Jahre Toni Erdmann erinnert. Bruning lebt vor allem von den Momenten, in denen die Wahrnehmung des Betrachters auf die Probe gestellt wird. Das ändert sich auch nicht, als Hae-mi wenig später von ihrer Reise zurückkommt – im Schlepptau hat sie den Charming Boy Ben (Steven Yeun, vor allem bekannt aus The Walking Dead).
Plötzlich schwindet das körperliche Interesse von Hae-mi an Jong-su – dennoch bleiben sie befreundet und unternehmen auch oft zu dritt was. Hier vermischen sich Sequenzen aus dem Drama-Genre, aus klassischen Coming Of Age-Geschichten und teilweise auch aus Horror- und Mystery-Filmen. Lange Bilder, im Gedächtnis bleibende Musik, interessante und detailverliebte Settings – Burning entfacht vor allem in seinen Entdeckungsmöglichkeiten die volle Breite.
Interpretieren erwünscht
Besonders die schauspielerischen Leistungen sind hervorzuheben. Steven Yeun zeigt, dass sein schauspielerisches Talent weit über das des Nice Guys während einer Zombieapokalypse hinaus geht, Yoo Ah-in ist im Fernen Osten schon längst ein Star und zeigt, dass er auch für deutlich ambitioniertere Projekte wie gemacht ist und auch Jeon Jong-seo, die Frau in dem Ensemble die bis Burning ein komplett unbeschriebenes Blatt war, empfiehlt sich für größere Rollen.
Das wirklich Spannende an Burning ist aber das Analysieren und das Aufstellen eigener Theorien. Kommt einem die Geschichte und das Gesehene am Ende vielleicht eigentlich klar vor, zweifelt man im nächsten Moment doch, ob das wirklich alles so passt… Verschiedene kurze Momente in dem Film sorgen dafür, dass man am Ende doch nicht so Recht weiß, was man da gerade eigentlich gesehen hat. Der Film beinhaltet vor allem eine Menge an Symbolen und Metaphern und verweist auch selber immer wieder darauf.
Ob es am Ende eine Liebes-, eine Kriminal- oder eine Horror-Geschichte ist – tja, das muss wohl jeder für sich selbst herausfinden.
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