Und Wer Nimmt Den Hund? – Mehr weiße als schwarze Kugeln

Klassische Streit-Filme erfreuen sich bei Kinogängern immer wieder großer Beliebtheit. Ob Was Das Herz Begehrt mit Jack Nicholson als alternder Womanizer, ob der skurrile Schlagabtausch in Der Gott Des Gemetzels oder ob herrliche Anfeindungen im deutschen Film Der Vorname – die Kinogänger mögen Geschichten aus dem Alltag von Familien. Und auch Und Wer Nimmt Den Hund? fährt eine ähnliche Schiene.

Georg (Ulrich Tukur) verpasst seiner Ehe mit Doris (Martina Gedeck) den Todesstoß, als er eine Affäre mit der deutlich jüngeren Laura (Lucie Heinze) beginnt. Nun sitzt das Paar – nach mehr als einem Vierteljahrhundert Ehe – in der Trennungstherapie und ist darauf bedacht, friedlich getrennte Wege zu gehen. Tja, aber das ist natürlich leichter gesagt als getan – kleine verbale Schärfen von beiden Seiten sorgen für einen herrlich-schrägen Blick auf eine Ehe.

Regisseur Rainer Kaufmann (Die Apothekerin) schafft es immer wieder, starke Frauenfiguren in seine Filme einzubauen. Und auch Martina Gedeck ist so eine und schafft es, mit ihrer aufbrausenden und doch auch verletzlichen Art, immer wieder Highlights zu setzen. Als ihre Figur Doris plötzlich auch einen anderen Mann (Marcel Hensema) kennenlernt, träumt sie von der großen beruflichen Freiheit und will ein eigenes Magazin auf den Markt bringen. Davon wiederum ist Georg natürlich nicht begeistert und hat plötzlich auch Einiges zu meckern.

Zusammen stark

Auch Ulrich Tukur macht seine Sache richtig stark. Der Tatort-Kommissar bringt das Bild des in die Jahre gekommenen Familienvaters, der sein Leben lang gearbeitet hat und nun auf der Suche nach Freiheit (in Form einer jüngeren Frau) ist, perfekt auf die Leinwand. Tukur und Gedeck sind aber am stärksten, wenn sie gemeinsam zu sehen sind. Die Diskussionen und gegenseitigen Vorwürfe passen hervorragend in die Welt des spießerhaften Fake-Lebens, das sie bis dahin womöglich geführt haben.

Georg (Ulrich Tukur, rechts) und sein Kumpel Peter (Peter Jordan) halten sich fit © Majestic

Besonders eine Szene bleibt im Gedächtnis: Georg und Doris sollen während einer Therapiesitzung weiße und schwarze Kugeln in einen Korb legen. Weiße Kugeln für Dinge, die in der Ehe gut gelaufen sind, schwarze Kugeln für Dinge, die schlecht gelaufen sind. Während beim anfangs harmoniebedürftigen Georg fast nur weiße Kugeln im Korb liegen, hat Doris ihren Korb mit schwarzen Kugeln vollgemacht. Diese Szene ist auf der einen Seite voller Humor, auf der anderen Seite zeigt sie aber auch den Schmerz, der in solch einer Situation entstehen kann.

Generell nähert sich Und Wer Nimmt Den Hund? dem Thema auch mit der richtigen Sensibilität und Tonalität an. Trennungen sind nie schön – für keinen der Beteiligten. Das wird auch in den rund 90 Minuten deutlich. Für viele geht es in solchen Situationen vor allem um Selbstschutz und um Wahrung. Mit dem passenden Fingerspitzengefühl arbeitet Kaufmann das Thema also ordentlich ab und setzt die Pointen an die richtige Stelle. So ist zum Beispiel Georgs Kumpel Peter (Peter Jordan), selbst „Gefangener“ einer Ehe, der Mann für flapsige One-Liner – Hervorragend!

Ist halt kein Blockbuster – trotzdem gut!

Die beiden „Neuen“ des Ehepaars (Lucie Heinze und Marcel Hensema) fallen leider ein bisschen ab und auch die Kinder von Georg und Doris (gespielt von Giulia Goldammer und Anton Rubtsov) können in ihren Rollen leider nicht überzeugen. Gerade die Gespräche zwischen den Eltern und dem Nachwuchs hätte man hier noch deutlich intensiver inszenieren können, dies hätte dem Film noch deutlich mehr Konfliktpotenzial und Elan gegeben.

Dennoch: Und Wer Nimmt Den Hund? ist bei all dem Tarantino-, Toy-Story- und Fast-and-Furious-Blockbuster-Kram der jetzt in den Kinos läuft, eine echt erfrischende Komödie im leichten Kammerspiel-Format, die durchaus mit den großen Vorbildern aus diesem Bereich mithalten kann.


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