Good Boys – Gestatten, mein Name ist Pubertät

Wenn Mädchen plötzlich interessanter werden als die Panini-Sticker-Sammlung, wenn man beginnt, sich über sein Auftreten und Äußeres Gedanken zu machen, wenn die eigenen Eltern plötzlich die peinlichsten Menschen auf der Erdkugel sind und wenn man plötzlich Dinge tut, nur weil diese als cool gelten – ja dann steht sie vor der Tür, diese Pubertät. Unsere Kritik zu Good Boys

Jetzt versucht sich Drehbuchautor Gene Stupnitsky (Bad Teacher, Office Christmas Party) in seinem Regiedebüt Good Boys an der humoristischen Aufarbeitung dieser Phase. Produziert wurde die 90-minütige Komödie von der Entourage um Seth Rogen und Evan Goldberg, bekannt für Witze unter der Gürtellinie und schlüpfrigen Humor. Diesen muss man auch in der Geschichte um das als “Bean Bag Boys” bekannte Trio Max (Jacob Tremblay), Lucas (Keith L. Williams) und Thor (Brady Noon) nicht lange suchen. Mit ihren 12 Jahren genau an der Schwelle zur Pubertät stehend, werden die drei nerdigen Jungs überraschend zu einer Kuss-Party eingeladen, bei der auch Max’ Schwarm Brixlee anwesend sein wird.

Ähnlichkeiten zu Superbad

Kussversuche mit einer Gummipuppe und das World Wide Web erweisen sich aufgrund der Unbedarftheit der Gruppe als erfolglos, deshalb beschließen die Jungs, küssende Menschen mit einer Drohne zu beobachten, um zu lernen, wie das denn eigentlich geht. Zugegebenermaßen nicht die klügste Idee, da das ungefragt geliehene Flugobjekt schon wenig später in die ewigen Technik-Jagdgründe geschickt wird. Das – etwas forcierte – Fundament für die Handlung des Films ist gelegt, die Drohne muss unbemerkt ersetzt werden. Was sich daraufhin um die naiven Kinder entspinnt, kann als turbulente Odyssee, garniert mit Verfolgungsjagden, Sexspielzeug, Drogen und einer wilden Paintball-Schlacht, beschrieben werden. Analogien zu Superbad mit jüngeren Darstellern sind also nicht ganz unbegründet.

Brady Noon, Jacob Tremblay und Keith L. Williams © Universal Pictures

Derbe Witze und Doppeldeutigkeiten kommen zwar auch hier nie zu kurz, jedoch zieht der Film seinen Unterhaltungsfaktor vor allem aus der Unschuld und Arglosigkeit mit der die jungen Hauptfiguren auf brenzlige Situationen reagieren.

Die Darstellung des Ganzen ist natürlich stark überzeichnet und nicht wirklich um Realitätsnähe bemüht. Im Gegensatz zu kürzlich erschienen Coming of Age-Filmen wie Mid90s und Eight Grade, die vor allem durch Authentizität und eine pointierte Charakterdarstellung überzeugen, sollte man die Kinder in Good Boys also vor allem als Überbringer von meist guten Gags verstehen. Das ist natürlich auch nicht zwangsläufig die Intention des Films, aber dennoch muss man unweigerlich Vergleiche zu den beiden genannten Genre-Vertretern ziehen.

Insbesondere durch eine hohe Schnittfrequenz und ein unausgeglichenes Pacing entsteht zudem Distanz zu den Figuren. Der Film nimmt sich wenig Zeit Momente und Figuren greif- und nahbar zu machen und wirft den Zuschauer durch sein Tempo von Situation A zu Situation B und wieder zurück. Überdies wird die Immersion teilweise dadurch gestört, dass offenkundig 40-jährige Drehbuchautoren nicht immer ganz treffsicher versuchen, 12-Jährige und deren Sprache zu imitieren.

In Good Boys gibt es immer was zu Lachen © Universal Pictures

Klar, auch ich vermag es nicht zu 100% beurteilen zu können, wie amerikanische Tweens miteinander kommunizieren, jedoch mag das sicherlich nicht so plump wie hier im Film dargestellt ablaufen. Hier hätte man sich ein wenig mehr Fingerspitzengefühl seitens der Drehbuchautoren wünschen können. Im Laufe des Filmes wird in diesem Punkt allerdings mehr und mehr die richtige Note getroffen und die ungelenken Dialoge, gerade zu Beginn, geraten schnell in Vergessenheit. Außerdem funktioniert das kindliche Trio durch ihre ganz eigenen Marotten und ihre Unbekümmertheit im Kontext des Films trotz allem sehr gut. Speziell gegen Ende überrascht der Streifen obendrein mit einer durchdachten und charmant umgesetzten Aussage zu Freundschaften, die in dieser Form nicht unbedingt zu erwarten war.

Für den lauen Spätsommer

Insgesamt wirkt Good Boys mit seiner Inszenierung stellenweise etwas aus der Zeit gefallen. Wie bereits erwähnt, die Analogie zu Superbad in jung kommt nicht von ungefähr. Nur darf man nicht vergessen, dass dieser Film mittlerweile 12 Jahre alt ist und sich das Genre seitdem durchaus weiterentwickelt hat.

So schafft es beispielsweise der hierzulande leider erst im November erscheinende Booksmart, den ich vor einigen Wochen in London sehen konnte, den Spagat zwischen Humor und Authentizität deutlich pointierter zu meistern und zudem einige frische Ideen mitzubringen.  Wer sich also noch zweieinhalb Monate gedulden kann, mag mit Booksmart womöglich besser bedient sein. Für einen lauen Spätsommertag taugt Good Boys aber allemal.

Von Bernd Wetzl


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