The White Crow – Gehüpft wie gesprungen

Die Geschichte von Star-Tänzer Rudolf Nurejew ist spektakulär und vielschichtig. Ralph Fiennes nahm sich nun seine Geschichte vor und inszenierte The White Crow. Ein Biopic über das Leben eines Tänzers, der einfach nur frei sein wollte. Ein bisschen zäh, gegen Ende aber dennoch richtig fesselnd…

Nurejew hüpft wie eine junge Gazelle durch die Lüfte, dreht sich, kommt sauber auf, springt wieder ab, ist voll fokussiert auf das richtige Timing – und darf dabei nichts von seiner Grazilität einbüßen. Gerade die Tanz-Sequenzen im dritten Langspielfilm von Ralph Fiennes sind beeindruckend und lassen einen sogar ein wenig den Atem stocken.

Dennoch hat sich Fiennes mehr vorgenommen, als nur Tanzszenen auf die große Leinwand zu bringen. Das wäre zu einfach gewesen. Stattdessen hat er sich den sowjetischen Startänzer Rudolf Chametowitsch Nurejew vorgenommen und erzählt in knapp 120 Minuten seine Geschichte. Oleg Ivenko, erfolgreicher Balletttänzer aus der Ukraine, schlüpfte dafür in die Rolle des exzentrischen Nurejews und liefert eine tolle Show ab. Arrogant, narzisstisch und selbstsüchtig kommt er daher – und dennoch ehrlich und authentisch. Man nimmt Nurejew alles ab, was er so von sich gibt. Und Ivenko bringt das punktgenau auf die Leinwand.

Fiennes natürlich auch dabei

Auch Fiennes selbst hat es sich natürlich nicht nehmen lassen, im Film mitzuwirken. Er spielt Nurejews Ballettmeister Alexander Iwanowitsch Puschkin und damit die Figur, die zwar auch Probleme hat, Nurejew in seinem egozentrischen Auftreten zu bremsen, dennoch das ein oder andere Mal näher an ihn ran kommt als alle anderen.

Rudolf Nurejew (Oleg Ivenko) findet in Paris einen neuen Lebensmittelpunkt © Magnolia Mae Films

Erzählt wird im Übrigen die Geschichte von dem Nurejew, der in seiner Heimat längst ein Star ist. Mitten im Kalten Krieg reist er zusammen mit der weltbekannten Kirov-Ballettkompanie nach Paris und erlebt ein ganz anderes Leben als er es gewohnt ist. Trotz der ständigen Wachsamkeit der KGB-Agenten lässt sich Nurejew von seiner Liebe zu Kunst und Literatur mitreißen, findet neue Freunde und genießt das Pariser Nachtleben. Dies schmeckt den KGB-Agenten allerdings so gar nicht. Kein Wunder: Schon viele Tänzer haben sich bei Touren nach Europa dort niedergelassen und politisches Asyl beantragt…

Und so entsteht ein Film, der den Anspruch hat, zahlreiche Aspekte unter einen Hut zu bringen. Neben der politischen Komponente, spielt auch die Ästhetik von Tanz, Kunst und Literatur eine große Rolle. Dann noch ein bisschen Liebesgeschichte, ein wenig Familiendrama und ganz am Ende sogar noch einige Thrillerlemente – und fertig ist The White Crow.

Verwirrung inklusive

Leider macht es der Film dem Zuseher nicht immer allzu einfach. Drei Zeitebenen (Nurejews Kindheit, Nurejews Anfangszeit an der Ballettkompanie und eben die Zeit in Paris) sorgen teilweise für Verwirrung, genauso wie die Vielzahl an Charaktere. Die Figur von Adèle Exarchopoulos hätte durchaus Potenzial für mehr gehabt, blüht leider erst in den letzten 10 Minuten auf.

Und auch wenn vor allem die Thematik des Identitätsgefühls sehr gut angesprochen und in Szene gesetzt wird, scheitert Fiennes so ein bisschen an der eigenen Priorisierung der verschiedenen Themen. Von den einen Dingen gab es zu viel, von den anderen zu wenig. Die ordentliche schauspielerische Leistung sorgt zumindest in großen Teilen für die nötige Authentizität, als eher unaufmerksamer Zuschauer wird man sich aber vermutlich schnell


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