Joker – Ein Clown lässt die Welt brennen

Über Joker wurde schon im Vorfeld so viel gesprochen – jeder freute sich auf de Kinostart! Und nun ist es endlich soweit: Der Joker-Film von Regisseur Todd Phillips ist endlich in den Kinos angekommen. Deswegen bleibt uns nur zu sagen: Manege frei für Joaquin Phoenix…

Die schillernde Welt des Kinos – meist von makellosen Lichtgestalten aus anderen Spähren vollends vereinnahmt. Wir fühlen uns wohl, verlassen den Kinosaal ohne herausgefordert worden zu sein. Ein Besuch des Wohlfühlens geht zu Ende und wir kehren zurück in unseren alltäglichen Trott. Das Kino besteht, doch das Gefühl und die Magie, die dieser Ort ausstrahlt, sind schon längt wieder vergessen und verloren. Was wünsche ich mir vom Kino? Berührt zu werden, nachhaltig beeindruckt zu sein und womöglich sogar durch diese eine Geschichte aus dem Alltag auszubrechen und nicht mehr als selbe Person in diesen zurückzukehren. Dabei kann ein Film mich persönlich treffen, Themen ansprechen mit denen ich unwiderruflich in Verbindung stehe, die mich als Mensch definieren und mein eigenes Ich als Ich definieren. Andererseits kann er den Zeitgeist der Gesellschaft treffen. Allgemein relevante Themen behandeln und sein Publikum auf die gleiche und doch individuell andere Art ansprechen.

Von Stillstehen und Weiterentwickeln

Ein Umschwung im Kino, von gesellschaftskonformen Charakteren, die Regeln befolgen müssen ohne anzuecken und einen Aufschwung auf ewig zelebrieren. Die Frage, wann genug denn endlich genug ist und man das ständige Drehen im Kreis beenden muss, kommt nicht auf. Doch irgendwann steht die Maschinerie still und der Kreis muss durchbrochen werden. Von schillernden Personas hin zu Menschen, die im Dreck leben. Menschen, die vom Leben gezeichnet sind. Menschen, die anders sind, aber die sich doch in der Gesellschaft immer irgendwo wiederfinden lassen. Angefangen mit Easy Rider ging es mit dem berüchtigten Verbrecherduo Bonnie und Clyde gesellschaftlich weiter bergab. Eine neue Ära in Hollywood war angebrochen. Der goldene Schein wird gegen Schmutz und Gewalt und eingetauscht und  das Kino wird wieder zur Grenzerfahrung und verschiebt diese ein Stück.

Im heutigen Mainstream Kino, könnte man auch von einer gewissen Festgefahrenheit sprechen. Sequel reiht sich an Sequel und die immer gleichen Superhelden huschen über die Kamera. Nie steht irgendeine Angst im Raum. Das Wohlfühlkino steht im Vordergrund, denn man will niemanden vergraulen oder falsch ansprechen. Da fällt es verständlicherweise einfach immer wieder auf bewährte Formeln zurückzugreifen und sich selbst ständig zu kopieren ohne sich selbst weiterzuentwickeln. Kommen wir nun zu Joker.

Abgehängt von der Gesellschaft

Schonungslos und ohne Rücksicht zu nehmen. Das ist der Joker. Jemand, der die Welt brennen sehen will und zugegeben, wir wollen das auch manchmal, werden dann aber eingelullt und fein zurückgehalten. Nicht beim Joker, hier werden eingefahrene Pfade gekonnt verlassen. Der Mainstream-Kino als Grundbaustein der Comicverfilmungen genutzt um die Massen zu locken, um dann Kino zu bieten, welches uns betroffen, wütend und angeekelt zurück lässt. Ungewohnt widerlich, aber doch erfrischend, dass man sich nach mehr sehnt.

Joaquin Phoenix in Joker © 2019 - Warner Bros. Pictures

So auch bei Joker, dem fleischgewordenen Antihelden. Ein gebeutelter Mann, der psychisch komplett am Ende ist, sich täglich einen Medikamentencocktail in den Rachen wirft und von der Gesellschaft dank einer Krankheit mit Füßen getreten und alleingelassen wird. Abgründe, die man niemandem wünscht, die schwer anzusehen sind und trotzdem mitreißen, da sie so unfassbar elegant inszeniert sind und sich ständig auf dem schmalen Grat zwischen widerlich und schön hin und herbewegen. Arthur Fleck, der spätere Joker, ein Opfer seiner Umwelt, das nie Freude gefühlt hat und von allen dennoch immer dazu gedrängt wird Freude auszustrahlen. Doch irgendwann ist es auch für Arthur Fleck genug. Ständig Tritte von oben abzubekommen. Immer wieder unten gehalten zu werden, von allen verraten, belogen und betrogen. Eine gefährliche Mischung, denn daraus entsteht die Ikone einer Protestbewegung. Eine neue Lichtgestalt, mit gebrochenem Schein, schmutziger Kleidung und brachialen Methoden ist auf dem Vormarsch. Gewillt alles aufzugeben, denn viel zu verlieren bleibt ihm ohnehin nicht und das lässt ihn zu einer unaufhaltsamen Gewalt werden. 

Joaquin Phoenix als Joker belächelt von Robert De Niro © 2019 - Warner Bros. Pictures

Angsteinflößend und beunruhigend. Die Figur des Jokers. Faszinierend und brillant hingegen Joaquin Phoenix in seiner Rolle, der sich hier in die Filmgeschichte hineinspielt. Von herzzerreißend traurig bis zu furchterregend verrückt und alles untermalt von einem Lachen, dass man wohl noch Tage danach im Ohr haben wird. Das Lachen einer gepeinigten Seele und eines großartigen Schauspielers.  

Joker, ein Film, der Kritiker und Zuschauer spaltet und genau das ist es was ich im Kino sehen will. Kino, welches nicht einfach zu verdauen ist. Kino, welches bewegt und zum Nachdenken anregt. Das ist Joker. Ein schwieriger Film, dem jedes Mittel recht ist um mehr Menschen zu erreichen. Da darf es auch gerne mal der Deckmantel eines Comicfilms sein.


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