Ronny & Klaid – Auf der Suche nach dem Millionär
Ein spärlich gefüllter Kiosk, zwei naiv-trottelige Freunde und 80.000 Schulden bei einem Gangsterboss. Die Situation für die beiden namensgebenden Protagonisten Ronny (Franz Dinda) und Klaid (Sahin Eryilmaz) ist vorsichtig ausgedrückt verzwickt. Ein Plan muss also her und der besteht aus der Entführung von exakt zehn Personen. Denn: Jeder zehnte Deutsche ist Millionär. Das behauptet zumindest ein Pop-Up-Banner auf Ronnys Rechner. Demnach sollte auch jeder zehnte Deutsche 80.000 Euro Lösegeld für seinen Kopf bezahlen können – oder?
Wie entführt man jemanden?
„Was gibt’s denn schöneres, als mit deinem allerbesten Freund einen Späti zu haben und vielleicht irgendwann davon leben zu können?“ Für Ronny ist eines klar, er ist zufrieden. Dass der Tagesumsatz seines Kiosks bei zwei Euro liegt und das Sortiment im Prinzip nur aus billigem Bier besteht, geschenkt. Als dann auch noch die hübsche Emily (Xenia Assenza) ihn und Klaid bei einem Pennerbier zu ihrem Geburtstag in einen Club einlädt, scheint das Glück perfekt.
Für Ronny ist es Liebe auf den ersten Blick und so realisiert er nicht, dass Kumpel Klaid nebenan 80.000 Euro beim Roulette verzockt. Geld, welches die beiden natürlich nicht in der geforderten Zeit auftreiben können. Ein nicht ganz legaler Plan muss also her… Schnell wird klar, dass Statistik nicht das Steckenpferd der beiden darstellt. Klaid hat nämlich mal gehört, dass jeder 3. Ausländer an der Tür abgewiesen wird und so wird munter die Warteschlangenposition mit dem Hintermann, dem Vordermann und dann wieder dem Hintermann getauscht. In diesem Zuge scheint auch der Plan, unter zehn Kunden des Kiosks wenigstens einen Millionär zu finden, absolut hieb- und stichfest. Denn wenn jeder zehnte Deutsche Millionär ist, dann ist ja wohl auch jeder zehnte Kunde eines abgeranzten Spätis Millionär!
Ganz blauäugig gehen die beiden aber dann doch nicht ans Werk: Im Stile echter FBI-Agenten werden zumindest einige Personen herausgefiltert, die aufgrund ihres Berufes, ihres Aussehens oder ihrer Vorlieben wahrscheinlich die Million auf ihrem Konto haben.
„Ich hab mal bei Pizza Hut gearbeitet und du hast einen Hut!“
Eine bewährte Strategie für die Entführungen der beiden ist es dabei, erst Gemeinsamkeiten zu schaffen und dann eiskalt zuzuschlagen. Nachdem das überraschenderweise nicht immer so recht funktionieren will, werden zunehmend noch unkonventionellere Methodiken gewählt. Hier soll nicht zu viel verraten werden, aber insbesondere die Entführungen und deren Ablauf sind das Highlight des Films. Ihr könnt euch also durchaus darauf freuen, zwei dusseligen Einfaltspinseln bei ihren abgedrehten Entführungen, die auch optisch frisch und unterhaltsam in Szene gesetzt sind, zuzusehen.
Wir entführen Fatih Akin!
Charmant überzeichnet sind nicht nur die beiden Protagonisten, sondern auch alles andere in Ronny & Klaid. Es folgt eine halb-assoziative Aufzählung: Da haben wir den Gangsterboss Bernhard – ich meine, welcher Gangsterboss heißt Bernhard, wie uncool ist das denn bitte? Und ja, ich darf das sagen, ich heiße ja im Prinzip auch so. Außerdem benutzt er die Abkürzung AGBs und ist alleine deswegen in seiner Boshaftigkeit glaubhaft gezeichnet. An seiner Seite: Ein sächselnder und ein lispelnder Handlanger. Welcher davon das Hirn und welcher die Muskeln sein soll, erschließt sich mir beim besten Willen nicht. Ein Paintball-Date zwischen Ronny und Emily, inklusive Drill Instructor-Ansprache. Jenny Elvers in der Rolle als Milf. Hyper Toni, der eigentlich nur an Hypertonie leidet. Und Fatih Akin, der sich herrlich selbstironisch selbst spielt.
Klar, vieles zeigt sich auch sehr oft allzu plump und ist ein wenig drüber, aber das habe ich mir von einer Deutsch-Komödie schon erwartet. Mit Ausnahme des Endes, bei dem die Linie verloren wurde, meistert der Film diese potenziellen humoristischen Blindgänger aber vor allem durch seine Figurenzeichnung. Die Gratwanderung zwischen infantilem Humor und Charme wird so hauptsächlich durch die vielen Spleens der Protagonisten und persiflierenden Elemente gemeistert.
Das Ende hingegen ist eine Szene, die man leider schon viel zu oft gesehen hat und auch in ihrem Aufbau zu viel Zeit einnehmend. Man zeigt die typische Situation an einem Esstisch beim Abendessen, in dem alle Personen, mit einer Ausnahme, in einer delikaten Situation stecken und mit der Unbedarftheit und des Informationsrückstands der einen Ausnahme gespielt wird. Das humoristische Element, welches dann nur noch darauf basiert, dass das Publikum mehr über den Kontext der Situation weiß als die arglose Figur, davon war ich noch nie Fan. Noch dazu in diesem Falle viel zu lange gezogen und den Höhepunkt wenig überraschend auflösend.
Wer nicht auf allzu albernen und klischeebehafteten Humor steht und auch bei einer Komödie einen sinnvollen Handlungsrahmen verlangt, der wird mit dem sketch-ähnlichen Aufbau von Ronny & Klaid wohl keinen Spaß haben. Allen anderen sei diese komplett überzeichnete Komödie aus Deutschland auf jeden Fall ans Herz gelegt. Große Arthouse-Filmkunst kann man sich danach immer noch ansehen. Also: Eine Tüte Chips, ein paar Pennerbier und ab geht’s.
Von Bernd Wetzl
Während Ronny und Klaid also ihren Masterplan verfolgen, um an die große Kohle zu kommen, macht sich Zach Galifinakis mit zwei Farnen auf den Weg durch Amerika. Und will seine Show wieder zum Laufen bringen.
Unsere ausführliche Kritik zu der Netflix-Komödie Between Two Ferns findet ihr hier.
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