Criterion Corner #11: Frances Ha

Frances Ha lebt in den Tag hinein. Sie tanzt für ihr Leben gerne und lebt mit ihrer besten Freundin zusammen in einer Wohnung. Alles scheint gut zu laufen. Doch nicht in einem Film von Noah Baumbach: Selbstzweifel kommen auf und Frances begibt sich auf die Suche nach sich selbst. Kommen wir nun zu Criterion Corner #11: Frances Ha

Frances (Greta Gerwig) und ihre beste Freundin Sophie (Mickey Sumner) leben gemeinsam in einer Wohngemeinschaft – wie ein altes Ehepaar verbringen sie jede Sekunde gemeinsam miteinander. Obwohl der Erfolg als Tänzerin ausbleibt, verliert Frances nicht den Mut und entgegnet jedem Tag mit einem Lächeln. Als Sophie jedoch aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen möchte um in ein größeres und schöneres Appartement mit einer anderen Freundin zu ziehen, muss sie sich auch nach etwas Neuem umsehen und in der Tanzschule beginnt es auch allmählich immer schlechter zu laufen. Sie fühlt sich abgehängt und die jüngeren Menschen holen immer weiter auf, da hilft auch nicht der spontane Selbstfindungstrip nach Paris. Doch Frances gibt nicht auf…

Frances (Greta Gerwig), Künstlerin in allen Lebenslagen - "Frances Ha" © MFA Filmdistribution

Noah Baumbach, ein Regisseur, der in den kommenden Jahren wohl noch an viel mehr Relevanz gewinnen wird. Mit Marriage Story kam gerade sein zehnter Langspielfilm heraus und man kann unmissverständlich Baumbachs Handschrift erkennen. Ein Thema, dass sich durch seine Filme zieht sind Menschen oder viel mehr Paare, die in irgendeiner Form mit Hass oder Zweifeln in Verbindung stehen, naja außerdem sind sie noch Künstler und New Yorker. In Frances Ha, seinem siebten Film, verhält es sich ähnlich. Mit Frances haben wir einen Charakter, der von Grund auf positiv ist und doch verfällt sie langsam immer mehr Selbstzweifeln. Sie ist eine Lebefrau. Lebt in den Tag hinein, immer mit einem Lächeln im Gesicht, spontan und unaufgeregt. Doch dann beginnt ihre fröhliche Welt langsam zu bröckeln. Ihr Ankerpunkt, Sophie, will sie verlassen und das löst eine Kettenreaktion an Zweifeln aus. Frage über ihre eigene Zukunft kommen auf: Wie soll es mit dem Tanzen weitergehen? Was mache ich mit der Wohnung? Wie bezahle ich die Miete und mache ich gerade überhaupt alles richtig in meinem Leben?

Vom Leben als Künstler

Fragen, die außerordentlich interessant sein können, wären sie denn nicht in einer von Künstlern durchzogenen Welt gestellt worden. Noah Baumbach lässt seine Charaktere Künstler sein, egal ob gescheitert oder gefeiert. Leider macht dies Frances Ha für mich auch ein stückweit weniger greifbar. Das vor allem wenn einer der Mitbewohner sich als Writer für Saturday Night Live versucht und der andere ein Bildhauer ist, der durch das Wohlhaben seiner Eltern von einer Bettbekanntschaft in die nächste rutscht. Eine merkwürdig fremde Welt eröffnet sich mir, die ich nicht wirklich greifen kann und im ehrlich zu sein gar nicht so genau beobachten möchte – zumindest nicht so. 

Um Beobachtung geht es bei Noah Baumbach und Frances Ha auch. Wir verfolgen Frances durch ihre Lebenslagen ohne ein sonderlich prägnantes Ziel vor Augen zu haben. Am ehesten könnte man es wohl mit Richard Linklater und seinen Slice-of-Life Filmen vergleichen. Momentaufnahmen, die eine Person in diesem exakten Moment zeigen und nur von kurz vorher oder danach handeln. Genauso wie mit Linklater habe ich auch mit Frances Ha meine Probleme. Wir stolpern durch die Künstlerwelt, von Party zu Party, vom Dinner zum Lunch und weiter in die Tanzschule. Einzige Verbindung ist und bleibt das ständige Ringen mit den Zweifeln.

Frances (Greta Gerwig) und Sophie Mickey Sumner) teilen nahezu alles miteinander - "Frances Ha" © MFA Filmdistribution

Von Laien und Unerträglichkeit

Das Drehbuch zu Frances Ha schrieben Noah Baumbach und seine Freundin Greta Gerwig gemeinsam. Gerwig, die mit Lady Bird, ihrem ersten eigenen Langspielfilm, direkt für einen Oscar nominiert wurde, bringt auch in Frances Ha ihr Talent und Gespür für Dialoge ein. Wenngleich Baumbach ebenso leichte und nahbare Dialoge, wie Gerwig erschaffen kann. Einzig die gekünstelte Inszenierung bringt mich aus dem Konzept. Jede Dialogzeile wird ausgesprochen und man wartet gespannt auf die Antwort des Gegenübers, fast wie in einem laienhaften Theaterstück in dem sich die Protagonisten bewusst sind, dass alles nur auf einer Bühne stattfindet. Selbst wenn Gerwig, Mickey Summer und auch Adam Driver fantastisches Schauspiel liefern, beunruhigt mich jeder einzelne Dialog. Ein Fluss im Sprechen kommt nicht auf und will um alles in der Welt auch nicht aufkommen, was es für mich zwischenzeitlich unerträglich macht Frances’ Leiden mitzuhören. 

Nichtsdestotrotz, kann ich nicht abstreiten, dass Noah Baumbach einen ganz besonderen Stil hat und diesen konsequent einsetzt und auch weiterentwickelt. Mariage Story, den ich kurz nach Frances Ha gesehen habe, gefiel mir bereits deutlich besser. Die typischen Baumbach-Elemente sind noch vorhanden und ein Großteil seines Befremdlichen lässt er zurück. Man sollte Baumbach somit definitiv im Auge behalten und ihm vor allem eine Chance geben, denn wenn man mit solchen Charakterporträts warm wird, hat Noah Baumbach wohl noch mehr als ein Meisterwerk im Ärmel.

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