Götter von Molenbeek – Einmal Allah, Zeus und Jesus sein

Kinder und Betrunkene sagen immer die Wahrheit! Diese Weisheit ist nicht neu – und doch sollten wir sie uns immer wieder ins Gedächtnis rufen und öfter mal Kindern zuhören. Vielleicht auch Betrunkenen. Aber in der Dokumentation Götter von Molenbeek geht es vor allem um die Kleinsten – und ihre Ansichten auf Religion und diesen ganze anderen Kram, der die Menschen spaltet. Und am Ende wird man denken: Wenn es doch nur so einfach wäre…

Die Geschichte von Götter von Molenbeek ist ein bisschen kompliziert. Die finnische Regisseurin Reetta Huhtanen wollte ursprünglich nur ihren sechsjährigen Neffen dabei filmen, wie er von “Gott und der Welt” redet. Huhtanens Schwester hatte nämlich Bescheid gesagt, dass der kleine Aatos sich vermehrt mit seinem besten Freund Amine über Religionen, Glauben und Götter unterhält. Für die Filmemacherin ein gefundenes Fressen für eine Kurz-Doku.

Doch während der Dreharbeiten im Brüsseler Stadtteil Molenbeek (dort lebt Aatos mit seiner Familie) passieren die Bombenanschläge im März 2016. Und so bekommt der Film und die Frage nach Gott plötzlich eine ganz eigene Dynamik und Huhtanen entschließt sich kurzerhand dazu, aus der Kurz-Doku eine lange Porträtierung der Geschehnisse zu machen. Dass die Familie noch im Brüsseler Stadtteil Molenbeek – Zentrum der Dschihadisten in Europa – lebt, kommt da natürlich wie gerufen.

Ab ins Hermes-Outfit

Und so beobachten wir Aatos und seinen Freund Amine, seines Zeichens dem muslimischen Glaube angehörig, und sehen wie sich zwei Jungen wertefrei über Allah, Jesus und Zeus unterhalten. Aatos ist dabei selbst von allen Göttern dieser Welt angetragen und verkleidet sich kurzerhand als Götterbote Hermes und rennt durch die Straßen Brüssels. Und wie es oft so ist, wenn sich Kinder unterhalten – viele Gedanken wirken zu einfach. Doch auch wir Erwachsenen werden irgendwann einsehen müssen, dass es eigentlich völlig egal ist, welcher Religion man angehört. Eine echte Freundschaft kann dadurch nicht zerstört werden.

Amine (links) und Aatos sind beste Freunde. © visionsdureel

Neben Aatos und Amine sehen wir dann auch noch Flo, ein Mädchen ebenfalls im Alter der anderen beiden. Flo steht ein bisschen für die gotteskritische Seite und ist sich sicher, dass die Natur nicht durch irgendwelche magischen Hände entstanden ist. Auch hier lauscht Aatos interessiert zu und steht nun vor einem Berg vieler Ansätze und der Suche nach dem eigenen Glauben. Letztlich zieht er dann aber doch die Superhelden-Comics vor – und findet auch dort seine ganz eigenen Götter.

Auf Kinderhöhe

Das Spannende an Götter von Molenbeek ist wirklich, dass einfach draufgefilmt wird. Als Zuschauer ist man durchgehend auf der Höhe der Kinder – das erinnert in seiner Machart an Filme wie Capernaum oder The Florida Project. Die Kinder im Fokus. Erwachsene kommen eigentlich kaum zum Reden. Wenn Aatos kurz nach den Anschlägen mit seiner Mutter durch Brüssel spaziert und überall Maschinenpistolen auf Augenhöhe sieht, stellt man sich ganz unweigerlich die Frage: Welchen Sinn hat all dieses Gerede von Gott? Das wird in diesen Momenten auch Aatos klar…

Negative Punkte sind in dieser hautnahen Doku nur schwer ausfindig zu machen. Man könnte einige Dialoge in Frage stellen – sind 6-Jährige wirklich schon so spitzfindig und wortgewandt, wie hier manchmal dargestellt? Letztlich tut dies aber eigentlich Nichts zur Sache. Denn die Message des Films ist klar: Seid wieder mehr wie Kinder, achtet auf Eure Gefühle und seht den Menschen, der vor Euch steht. Dann sollte die Welt doch auch von ganz alleine funktionieren…

Endlich findet das Regie-Debüt von Olivia Wilde auch den Weg in die heimischen Lichtspielhäuser. Warum Booksmart auch hierzulande wohl den ein oder anderen Lachmuskel strapazieren wird, erfahrt ihr wie immer in unserer Kritik zum Film…

Diese findet ihr mit nur einem Klick genau HIER!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Archiv

Archive

Filme der Woche – 1917

JUDY

KNIVES OUT