Der Ring muss mal wieder ins Feuer

Zurück nach Mittelerde

Es war bei mir früher einmal Gang und Gäbe, dass zwischen den Jahren die komplette Herr der Ringe-Trilogie geschaut wurde. Selbstredend im Extended Cut, denn wer den Extended Cut nicht gesehen hat, hat Herr der Ringe nie geliebt! In den letzten Jahren ist diese schöne Tradition aber leider doch ein wenig untergegangen, weshalb ich nicht mehr genau sagen kann, wann ich die Filme tatsächlich zum letzten Mal geschaut hab. Vor Kurzem packte mich aber mal wieder die Lust, die lange und beschwerliche Reise mit all den Charakteren, die mich auch ein Stück weit durch meine Jugend getragen haben, erneut anzutreten.

Doch bevor es überhaupt richtig los ging, kamen schon die ersten Probleme auf: Dass das letzte Mal wirklich schon sehr lang her gewesen sein musste wurde mir bewusst, als ich meine DVD-Box der gesamten Trilogie in der Hand hielt. Ja richtig, DVDs. Der Umstieg auf BluRays ist bei mir bestimmt schon 5 oder 6 Jahre her gewesen, Peter Jacksons Meisterwerke waren aber leider bis dato noch nicht einem Upgrade unterworfen worden und damit kamen auch schon die ersten Gedankenspiele:
Soll ich mir auf die Schnelle noch die BluRay-Fassung besorgen? Lohnt sich das denn überhaupt nochmal 60 Euro zu investieren? Wie sieht die HD-Portierung überhaupt aus und was wenn sie zu Augenkrebs führt? All diese Fragen fanden nach dem Beginn mit Die Gefährten nach ca. 20 Minuten aber so oder so ein abruptes Ende.

Da ich mir vor garantiert 10 Jahren einmal eine Sonder-Veröffentlichung, die bis heute mit optischen Reizen eine gute Figur in meinem DVD-Regal macht, dieser genialen Filme besorgt hatte und zunächst der Meinung war dass die Bildqualität auf dem modernen Fernseher nicht allzu schlimm sein würde, wurde ich zwar keines Besseren belehrt – das Bild sah tatsächlich noch sehr akzeptabel aus – jedoch fing die doppelseitige (!) DVD bei Bilbos Geburtstagsfeier an zu ruckeln und zu zuckeln und ehe ich mich versah, befand ich mich schon im tänzelnden Pony… Fies!

Da es bereits später Nachmittag war hatte ich keine Lust mehr in den nächstgelegenen Multimedia-Laden zu fahren, wo die BluRay-Fassung vermutlich eh nicht auf Lager gewesen wäre, also investierte ich 5,- € Leihgebühr bei einem Streaming-Dienst und die Reise konnte endlich losgehen.

Mein Schaaaatz!

Gänsehaut, überall Gänsehaut

Und was soll ich sagen? Die HD-Portierung ist gelungen, das Bild ist knackscharf, die Landschaften sehen auch nach fast 20 Jahren immer noch grandios aus. Sobald das Auenland-Thema ertönt war ich dann auch sofort wieder hin und weg, Gänsehaut am ganzen Körper. Es gibt wirklich kaum Filme, die für mich einen so großen Anreiz bieten, sie immer und immer und immer wieder zu schauen, wie die Herr der Ringe – Trilogie.

Die gesamte Story will ich an dieser Stelle nicht mehr zusammenfassen. Entweder man hat die Filme bereits gesehen oder man hat in den letzten zwanzig Jahren irgendwo hinter dem Mond gelebt… oder man kann mit Fantasy an sich nichts anfangen, aber denen ist dieser Artikel dann auch relativ wumpe.
Ich möchte hier viel lieber ein paar einzelne Punkte ansprechen, die mir beim Schauen entweder nochmal oder auch zum ersten Mal überhaupt aufgefallen sind.

Was mir zuallererst wieder aufgefallen ist: Ich bin immer noch baff wenn ich die Ausstattung der Filme sehe. Die Kostüme, die Settings, die Landschaften und auch die Orks, Nazgul oder der Balrog… alles sieht einfach grandios aus, auch die Animationen haben nicht wahnsinnig gelitten. Klar, es gibt heutzutage schon bessere Animationen, aber wenn man nicht allzu sehr auf jedes Detail achtet, sieht das immer noch beachtlich aus. Dies liegt vor allem daran, dass man damals das CGI noch mit Vorsicht und hauptsächlich in dunklen Szenen eingesetzt hat was dafür sorgt, dass alles ziemlich ins Bild passt (Schöne Grüße an die zumindest effektemäßig unsäglichen Hobbit-Verfilmungen).

Wenn man sich vor Augen führt, dass die Effekte bei Herr der Ringe damals schlichtweg bahnbrechend waren, sehe ich heute gewisse Dinge auch komplett anders, bzw. mit “erwachsenen” Augen. Das Foreshadowing ist ein Stilmittel, womit hier sehr gerne gearbeitet wurde. Beispielsweise vor der ersten richtigen Schlacht in den Minen von Moria: Die Gefährten sind in einem Thronsaal eingesperrt, Boromir schaut aus dem Tor und sagt “sie haben einen Höhlentroll”, Tor zu, Ende. In vielen Filmen Anfang der 2000er oder Ende der 90er wäre jetzt eine kleine Luke im Thronsaal gefunden worden, wodurch man hätte fliehen können, hier aber nicht: Zwei Minuten später steht der Höhlentroll auf engstem Raum und macht den Gefährten die Hölle heiß. Apropos heiß: Das gleiche Phänomen kommt 15 Minuten später beim Balrog von Morgoth zum Tragen, natürlich inklusive der wohl coolsten Sterbe-Szene aller Zeiten: Flieht ihr Narren!

Wenn die doppelseitigen DVDs noch funktionieren würden, wäre ich noch glücklicher mit der Box.

Angst und Tränen

Zu guter Letzt will ich noch ein bisschen auf meine Gemütslage während einiger Szenen eingehen. Man sollte ja eigentlich meinen, dass einem beim x-ten Anschauen ein und desselben Films irgendwann die Langeweile überkommen wird. Haha, weit gefehlt.

Klar weiß ich was passiert aber Peter Jackson hat ein Werk geschaffen, bei dem ich trotz allem – warum auch immer – während den Schlachten angespannt bin wie vor einem Vorstellungsgespräch. Vor allem die Schlacht von Hellms Klamm in Die zwei Türme hat es mir bis heute angetan. Wie der ganze Film auf diese Schlacht hinarbeitet, mir so gut zeigt wie aussichtslos das Unterfangen der Bevölkerung von Rohan doch eigentlich ist, wie die Elben kurz vorher unterstützend zur Seite schreiten oder aber den heranwachsenden Jungen für ihre Körpergröße viel zu wuchtige Waffen in die Hand gedrückt werden… das sind einfach grandiose Bilder die im Kopf bleiben und mich ein jedes Mal mitreißen.

Und dann natürlich besonders wichtig: die letzte halbe Stunde von Die Rückkehr des Königs… was soll ich sagen? Ich bin da einfach nah am Wasser gebaut. Das geht in dem Moment los wenn Frodo nach tagelangem Erholungsschlaf in einem Bett in Minas Tirith erwacht, sämtliche Freunde die er monatelang nicht gesehen hat wieder trifft und mit ihnen rumalbert, während Sam einfach nur im Türrahmen stehen bleibt und beide sich mit einem erschöpft-fröhlichen Blick in die Augen schauen.

Danach die Krönung von Aragorn, der nach dieser ganzen Tour de Force voller Heldentaten zum strahlenden König aufgestiegen ist und dann seine große Liebe Arwen einfach mal so überhaupt nicht adelig packt und ordentlich abknutscht. Mit Zunge. Hat er sich verdient meiner Meinung nach.
Direkt im Anschluss verbietet er Frodo niederzuknien und dreht den Spieß rum, kniet sich hin und plötzlich kniet die gesamte Bevölkerung der Weißen Stadt vor den vier kleinen Hobbits, die mit der Situation sichtlich überfordert sind. Allein während ich das schreibe habe ich schon wieder einen Kloß im Hals, aber das war ja noch nicht alles.

 

Während der allerletzten Sequenz kann man dann quasi zwei 5-Liter-Eimer rechts und links von mir aufstellen. Das Wiedersehen mit Bilbo, die Fahrt zu den Grauen Anfurthen, der Abschied von ihm, Gandalf und ja, auch Frodo fährt mit zu unbekannten Landen, was seine Freunde bis zu dem Zeitpunkt nicht wussten und ebenso wie ich völlig aufgelöst in Tränen ausbrechen. Ein letzter Kuss auf Sams Stirn und die Geschichte von Frodo Beutlin ist nach 697 Minuten zu Ende erzählt. Also über 11 1/2 Stunden… wenn ich die Filme also mindestens schon 5 Mal geschaut habe… macht nix, es war garantiert nicht das letzte Mal.

Wie geht es weiter?

Bei aller Nostalgie und Lobhudelei meinerseits will ich aber noch einen kleinen Blick und eine Einschätzung auf die nächsten Projekte rund um Herr der Ringe und das Filmuniversum werfen.

 

Zunächst startet in Deutschland am 20. Juni 2019 die Verfilmung über den Autor der Mittelerde-Geschichten J.R.R. Tolkien mit Nicholas Hoult und Lily Collins in den Hauptrollen. Der Trailer sieht für mich vielversprechend aus und hat auch einen gewissen Vibe der Jackson-Filme inne. Ob der doch eher unbekannte Regisseur Dome Karukoski jedoch die richtige Wahl für den Posten war, erfahren wir wohl erst im Sommer.

Und dann gibt es ja noch die mit viel Brimborium angekündigte Serie von Amazon Prime, die ich mir hundertprozentig anschauen werde. Mittlerweile kann man aufgrund diverser Fotos der Macher davon ausgehen, dass die Serie zwar lange vor den Ereignissen von Hobbit und Herr der Ringe spielen wird, jedoch keine Verfilmung des Silmarillions darstellen wird, was meiner Meinung nach auch gut ist, viel zu kryptisch ist das Buch, das die Entstehungsgeschichte von Mittelerde erzählt.


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