Tarantinos Meisterstück
“We have all our rotten eggs in one basket. The objective of Operation Kino: blow up the basket.”
General Ed Feneck, gespielt von Mike Myers
Oh du mein heiliger Quentin Tarantino
Als unser Redakteur Flo auf mich zukam und fragte, über welchen Film ich denn wohl gerne eine Ode schreiben würde kamen mir ein paar Filme in den Kopf. Die Wahrscheinlichsten könnt ihr euch hier auf unserer Autorenseite anschauen.
Wenn ich aber einen Film nennen müsste über den ich sagen würde, dass er mich in meinem Leben am meisten beeinflusst hat, kann das nur Inglourious Basterds sein. Warum das so ist, versuche ich euch hier ein bisschen näher zu bringen.
Da wäre zunächst der persönliche Zeitgeist: Tarantinos sechster Film kam in einer Zeit heraus, in der ich endlich über eine einigermaßen vernünftige Internetverbindung auf dem Lande verfügte. Entsprechend war es mir als selbsternannter Tarantino-Ultra endlich möglich, mich tagesaktuell über aktuelle Nachrichten im Film-Business zu informieren.
Relativ schnell fand ich damals heraus, dass Quentin Tarantino einen Film drehen will, der vom Setting her im Zweiten Weltkrieg angesiedelt ist. Sofort kamen kritische Stimmen: “Das kann der nicht machen”, “Der Typ ist viel zu brutal für Historie!” waren noch nette Sätze die zu hören waren.
Dass der Regisseur auf die wahre Geschichte dieses widerlichen Krieges einen feuchten Furz geben und das Setting für seine Geschichte anpassen würde, war da noch keinem klar. Richtig hellhörig wurde ich aber dann, als peu á peu der Cast von seinem neuen Werk angekündigt wurde.
Angefangen über Brad Pitt und Samuel L. Jackson – okay, die kannte man schon im Tarantino-Universum – kamen später mehr und mehr Filmgrößen hinzu. Spätestens als er aber eine deutsche Schauspielperle nach der anderen präsentierte (Sylvester Groth, Daniel Brühl, Til Schweiger – damals noch ohne Nervfaktor) und ein gewisser Bela B. von den Ärzten einen Cameo-Auftritt erhielt, war ich hin und weg.
“Sitting in your chair, I would probably say the same thing. And 999 point 999 times out of a million, you would be correct. But in the pages of history, every once in a while, fate reaches out and extends its hand.”
Standartenführer Hans Landa, gespielt von Christoph Waltz
Erzählerisch und stilistisch ein absolutes Meisterwerk
Es gibt Filme, die fangen gleich mal mit einem bombastischen Feuerwerk an. Da muss es an allen Ecken Explosionen und Ballereien geben. Basterds fängt ebenfalls mit einer Explosion an – allerdings mit einer schauspielerischen. Die Atmosphäre bei Hans Landas Prüfung von Monsieur Lapadites’ Milchfarm ist so unglaublich dicht, dass man die Luft mit dem Messer schneiden könnte. Und alleine diese ca. 15-minütige Sequenz würde höchstwahrscheinlich den Oscar für den besten Kurzfilm gewinnen.
Die Atmosphäre wird aber immer wieder mit einigen (scheinbar) lustigen Szenen etwas aufgelockert. Im Prinzip ist nämlich die titelgebende Gruppierung einiger jüdischer Soldaten ein Konstrukt dass so überzogen ist, dass man sich entsprechend dazu entschied sie in nicht allzu ernstem Licht zu präsentieren.
Und ja, ich habe gelacht bei den teilweise extrem dummen Sprüchen von Brad Pitts Lt. Aldo Raine. Wenn man sich aber ein paar Gedanken zu dem Film macht, kotzt einen deren Handeln fast mehr an, als es das der Nazis in diesem Film tut – und das soll schließlich was heißen
Grundsätzlich sind die stärksten Szenen des Films aber natürlich die mit Christoph Waltz. Man bekommt einen absoluten Ekelanfall, wenn er gerade die etwas ältere Shosanna Dreyfus über ihr Kino interviewt. In absolutem Bewusstsein, dass er für den Tod ihrer gesamten Familie verantwortlich ist, stopft er sich genüsslich ein paar Happen Apfelstrudel rein, nur um diesen dann als Aschenbecher zu nutzen.
Ich könnte jetzt den Film Szene für Szene auseinander nehmen und würde damit wahrscheinlich den Rahmen dieser “Ode an…” vollkommen sprengen. Es gibt aber eine Szene in Inglourious Basterds die mich damals unfassbar beeindruckt hat und die bringt mich nun zu meinem letzten Abschnitt.
“Well Major, that makes two of us. I’ve had a gun pointed at your balls since you sat down.”
Lt. Archie Hicox, gespielt von Michael Fassbender
Einmal Tarantino in 15 Minuten, bitte!
Die Kneipenszene ist für mich die beeindruckendste Szene, die Quentin Tarantino je geschaffen hat. Er schafft etwas, das heute nur noch ganz selten im Kino zu sehen ist: Obwohl wir als Zuschauer vermeintlich wissen, wie die einzelnen Figuren ticken, haben wir keine Ahnung was als nächstes passiert. So verkommt ein lustiges Partyspiel im Stile von “Wer bin ich” zu einem Abmetzeln in einer kleinen Kneipe in Nadine.
In dieser wahnsinnig dichten Atmosphäre, in der August Diehl sein schauspielerisches Meisterwerk abgelegt hat, schaut man fassungslos zu, wie sich erwachsene Menschen gegenseitig versuchen zu hintergehen – und das nur verbal. Tarantino wird oft nachgesagt, er wäre ein reiner “Ästhet der Gewalt”. Diese Szene beweist spätestens, dass er (zumindest für eine ganze Weile) auch eine unglaubliche Spannung aufbauen kann, ohne dass jemand stirbt – nur um dann am Ende fast alle umzubringen.
Was vielleicht hanebüchen klingt, spiegelt aber die Genialität des Films wieder: jederzeit kann alles passieren. Jede Figur, und sei sie noch so cool in Szene gesetzt, kann sterben. So wird Til Schweigers Hugo Stiglitz mit wahnsinnig viel Brimborium angekündigt, nur um ihm dann wärend seiner Messerstecherei auf August Diehl eine Kugel in den Kopf zu verpassen.
Aber genug von der Ästhetik der Szene, schauen wir uns doch einfach mal an, wer alles dort mitgespielt hat und lassen das einfach mal auf uns wirken: Michael Fassbender, Til Schweiger, August Diehl, Diane Krüger. Soweit so gut und garantiert sind auch die deutschen Schauspieler in Hollywood nicht unbekannt. Aber dann sitzen da eben auch: Ein zu dem Zeitpunkt nicht wirklich bekannter Alexander Fehling, Ken Duken oder Volker Michalowski. WER? Ja Volker “Zack” Michalowski, kennt heute auch keiner mehr. Aber dieses Casting zeigt auch, was für ein Filmverrückter Quentin Tarantino ist. Ich würde so weit gehen und behaupten, dass kein US-amerikanischer Regisseur für eine Hollywood-Produktion so jemanden gecastet hätte.
P.S: Schaut mal genau hin, ein gewisses Bond-Girl kommt nämlich auch in der Szene vor.
“Ooooh, that’s a BINGO! Is that the way sou say it? ‘That’s a Bingo?”
Standartenführer Hans Landa, gespielt von Christoph Waltz
It IS a Bingo!
Ihr merkt schon, ich kann den Film ganz gut leiden. Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich mir den Film bestimmt schon 10 mal angeschaut habe. Und ich habe mich noch nie gelangweilt. Viel zu vollgestopft mit kleinen Details ist dieses “Masterpiece”.
Falls ihr den Film noch nicht gesehen habt, schaut ihn euch an. Wenn ihr Lust habt, schreibt mich an, dann können wir uns gerne daran aufgeilen, wie genial der Film ist. Wenn der Film euch nicht gefallen hat, lasst mich bitte in Ruhe!
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