La paranza dei bambini – Junior-Corleones auf Abwegen
Die Geschichte einer neapolitanischen Nachwuchs-Mafiosi-Gruppe – das klingt nach Raubüberfällen, Drogen und Schutzgeldrepressungen. Genau dies sind auch die Themen im neuen italienischen Film La paranza – dabei bleibt er dennoch recht konventionell und geradlinig. Hier lest ihr die Kritik unseres Autors Jaris…
La paranza dei bambini, oder auf englisch Piranhas, beginnt mit einer kleinen Einführung, wie zwei Kinderbanden um einen Weihnachtsbaum in einem Einkaufshaus von Napoli streiten. Und damit beginnt die wilde Fahrt der Darsteller um Nicola (Francesco di Napoli), Tyson (Artem Tkachuk) und Letizia (Viviana Aprea). Es ist auch gleichzeitig eine Einstiegsszene, in der Regisseur Claudio Giovannesi dem Zuschauer zeigt, auf was für einer Ebene sich die Kinder für ihn befinden sollen – auf keiner gefährlichen. Kinder und Weihnachten, das passt doch wie die Mafia zu Neapel.
Doch ab dann vergehen keine zwei Minuten, bis mir zum ersten Mal die richtig schmutzige und brutalen Gangart von Bandenanführer Nicola auffällt. Nein, ich will nicht sagen, dass ich ihn unsympathisch finde, im Gegenteil: Francesco di Napoli verkörpert den jungen Nicola so perfekt, so schonungslos, dass man ihm direkt aus dem Weg gehen möchte nachts um drei auf einer Straße irgendwo in Neapel. Es sind die Gegensätze, die ihn so unberechenbar machen: Hier der gutaussehende Junge, dort der schonungslose Gangster, der für seine Mutter, seinen Bruder und seinen Kinderclan nur das beste will.
Die Handlung erzählt weitestgehend den Aufstieg seines Clans und wie es Nicola mit Tyson, einem wahrhaftigen Krieger an seiner Seite, bis hin zu den ganz großen schafft. Da die Jungs ausschließlich Motorroller fahren, spielt der Film zu großen Teilen auf der Straße – die auch für sie eine wichtige Rolle spielt. Wer schon im Teenager-Alter mordet, der hat eine aussichtslose Perspektive und klammert sich an alles was möglich ist.
Über die Musik möchte ich nicht zu viele Worte verlieren: Sie ist schlichtweg perfekt getroffen, speziell die Discoabende passen herrlich rein. La Paranza entwickelt sich auch dank Letizia zu einem Drama, in dem Nicola entscheiden muss, welche Seite in seinem Leben wichtiger für ihn ist: Die Liebe oder die Macht. Beziehung, Trauer, Begehren, Geld, Familie und Vertrauen werden zu wichtigen Faktoren, die sich für Nicola wie Puzzleteile zusammensetzen. Hauptcharaktere, die langsam den eigentlichen Prinzipien zu verfallen scheinen.
Giovannesi will dann auf einmal sehr viel gleichzeitig erledigen und fokussiert die Handlung weiterhin straff. Es kommt ein Gefühl auf, dass sich Nicola in einer Blase befindet, die doch irgendwann irgendwie platzen muss.
La Paranza ist ein fantastisches Schaustück für die Fähigkeiten eines Regisseurs, der ein Verständnis von Familie und Macht besitzt. Nicolas’ Kinderclan besitzt eine unglaublich starke Synergie, ich sage nur: Die Schlusszene. Und wenn möglich, bitte auf italienisch in OV anschauen!
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